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DOI: 10.1055/s-0028-1120161
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart
Über die Bedeutung der Widal-Reaktion für die Ermittlung des Durchseuchungsstandes bei Ruhrepidemien
Publication History
Publication Date:
03 June 2009 (online)

Zusammenfassung
1. Es wird eine Durchfallsepidemie beschrieben, die in einer Abteilung von 165 Mann auftrat. In 4 Fällen wurden bei der bakteriologischen Stuhluntersuchung Ruhr-Flexner-Bazillen nachgewiesen, die Untersuchung von 25 anderen Stuhlproben verlief negativ. Durch die Widal-Reaktion konnte das Vorliegen einer Ruhrerkrankung für weitere 53 Fälle erwiesen und eine Infizierung mit Ruhrbazillen bei 28—30 anderen Fällen, die klinisch nicht erkrankt waren, aber einen deutlich positiven Agglutinationstiter hatten, wahrscheinlich gemacht werden.
2. Es wird auf den Umfang der „stummen Infekte” bei einer Ruhrepidemie hingewiesen, der sich in unserem Fall auf etwa 40% bezifferte, und damit die Bedeutung der individuellen Resistenz bei der Infektion mit Ruhrbazillen unterstrichen.
3. Es wird die Wichtigkeit betont, sich bei einer Ruhrepidemie vor Augen zu halten, daß ein größer Anteil der scheinbar Gesunden — in unserem Fall waren es etwa 25—30% — in Wirklichkeit Infizierte sind. Es wird auf die Möglichkeit hingewiesen, bei einer Epidemie aus der Gruppe der Nichterkrankten die von der Infektion dennoch Betroffenen im klinischen Latenzzustande mittels der Widal-Reaktion zu erkennen, und der Vorschlag gemacht, sie von den übrigen abzusondern oder zumindest für eine ausgiebige Desinfektion der Stühle zu sorgen, um sie als mögliche weitere Infektionsquelle auszuschalten.
4. Bei der — vorwiegend nur serologisch festgestellten — Durchseuchung von 98 Mann mit Ruhrbazillen im unmittelbaren Anschluß an ein Zeltlager erscheint die Vermutung sehr glaubhaft, daß eine damit verbundene klimatische Einwirkung (Kälte, Zugluft) die Ausbreitungsmöglichkeit eines vorhandenen Ruhrherdes sehr begünstigt hat.