Dtsch Med Wochenschr 1954; 79(47): 1741-1743
DOI: 10.1055/s-0028-1119957
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Die Kreislaufdynamik bei der tropischen Myokarditis in Venezuela1

Heinrich Berning 1 Deutsche Fassung eines im Januar 1954 vor der Asociación venezolana para el avance de la ciencia in Caracas gehaltenen Vortrages „La dinamica circulatoria en la miocarditis tropical”. Herrn Professor Dr. H. H. Berg zum 65. Geburtstag gewidmet.
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
03. Mai 2009 (online)

Zusammenfassung

Die Kreislaufinsuffizienz bei der tropischen Myokarditis ist eine hämodynamische.

Bei der akuten Myokarditis (Phase 1) handelt es sich um eine passive myogene Stauungsdilatation als Folge der Entzündung im Herzmuskel. Bei der Dekompensation überwiegt das rechte Herz.

Die chronische Myokarditis ist in ihrer frühen Phase mit begrenzter Dilatation und Dekompensation (Phase 2) durch eine Reduktion der Reservekraft des Herzens und eine Hypertrophie des Herzmuskels charakterisiert. Die Entwicklung vollzieht sich im Verlaufe vieler Jahre oder sogar Jahrzehnte bis zur Dilatation. Frühe Formen sind schwer zu diagnostizieren.

Durch die schwächere anatomische Struktur des rechten Herzens überwiegt die Rechtsinsuffizienz, aber nicht als sekundäre Folge einer Linksinsuffizienz. Das Überwiegen der Linksinsuffizienz ist sehr selten. Zur Ermöglichung eines wirksamen diastolischen Füllungsdruckes entwickelt sich eine venöse Hypertension. In dieser Phase ist die zirkulierende Blutmenge noch normal und deswegen nicht als Ursache der Steigerung des Venendruckes anzusprechen. Die Herzarbeit wird gemäß den körperlichen Belastungen noch gesteigert. Die Zeiten der Zirkulationsgeschwindigkeit sind normal. Die arterielle Sauerstoffsättigung kann leicht reduziert sein. Diese Phase 2 ist nicht reversibel oder durch Behandlung besserungsfähig.

Der Übergang von der Phase 2 in die Phase 3 erfolgt durch entzündliche oder hypoxotische Herzmuskelveränderungen. Die Phase 3 mit starker Dilatation und Dekompensation ist durch eine erhebliche venöse Stauung und weitere Zunahme der venösen Hypertension charakterisiert. Es besteht ein Mißverhältnis zwischen der erheblich gesteigerten zirkulierenden Blutmenge und der systolischen Herzleistung. Der Druck im rechten Herzvorhof ist gewaltig erhöht, die Zirkulationsgeschwindigkeit des Blutes stark verlängert.

In dieser Phase versagt die nervöse Kreislaufkontrolle. Es besteht ein „Notbetrieb” des Kreislaufes in Abhängigkeit von den mechanischen Bedingungen. Das arterielle Blut zeigt eine erhebliche Sauerstoffuntersättigung. Das Herz erstickt in seinem Blutüberschuß, sofern nicht Kammerflimmern zum vorzeitigen Tode führt.

Die Krankheitsentwicklung ist durch lange Phasen charakterisiert. Die latente Phase dauert viele Jahre bis Jahrzehnte. Die Ursache der langen Dauer der Kompensation beruht wahrscheinlich auf dem symmetrischen Charakter der Herzhypertrophie.