Dtsch Med Wochenschr 1952; 77(43): 1309-1311
DOI: 10.1055/s-0028-1117226
Epistolae Medicinales

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Physiologie und Pathologie der Darmflora1

Tr. Baumgärtel
  • Laboratorium für Koli-Forschung, Gräfelfing bei München
1 Vortrag in der Berliner Medizinischen Gesellschaft am 5. 3. 1952.
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Publication Date:
05 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Im Darmkanal des Menschen finden sich ganz bestimmte Bakterienarten in ganz bestimmten Darmabschnitten. Diese physiologisch-obligate Darmflora lebt mit der Darmschleimhaut in einer immunbiologisch-ausgeglichenen Symbiose; denn beim Übertritt dieser Bakterienarten aus ihrem physiologischen Bereich in andere Organe (Gallenwege, Gallenblase, Nierenbecken, Harnblase) werden sie zu pathogenen Entzündungserregern. Die physiologische Darmbakterienflora ist ernährungsbiologisch den Funktionen der verschiedenen Darmabschnitte angepabt d. h. sie bildet im resorptionswichtigen Dünndarrn keine aphysiologischen Abbauprodukte und vollendet in den tieferen Darmabschnitten, insbesondere im Zökum, den restlichen Abbau der nicht resorbierten Nahrungsstoffe, mit Ausnahme der Zellulose. Zur Bewältigung dieser biologischen Aufgaben verfügt die Darmflora über einen vielseitig wirksamen Fermentapparat und bildet zu ihrer Erhaltung eine Reihe von Vitaminen, die ihr als Wuchsstoff dienen und auch an verschiedenen lebenswichtigen Vorgängen im Organismus beteiligt sind. Diese Harmonie im biologischen Wechselspiel zwischen Darmtrakt und Darmflora kann durch verschiedene exogene und endogene Einwirkungen gestört werden. Auf diese Weise kommen die unspezifischen Darmstörungen zustande, die unter dem klinischen Bild der Gastroenteritis, Kolitis, Obstipation usw. einhergehen und die Entwicklung einer pathologischen Darmflora ermöglichen. Die Kulturbilder dieser pathologischen Darmfloren lassen auf die jeweils vorliegende unspezifische Darmstörung schließen und bieten Anhaltspunkte für die einzuschlagende Therapie.

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