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DOI: 10.1055/s-0028-1116343
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart
Angeborene Verhaltensweisen des Menschen
Publication History
Publication Date:
04 May 2009 (online)

Zusammenfassung
Die für die Ursituationen des Lebens zur Verfügung stehenden Innervationskomplexe haben ihre subjektive „Innenseite” in den Gefühlen, Stimmungen und Affekten der Zu- und Abwendung, Adversion und Aversion, Zu- und Abneigung.
Am Beispiel des oralen, manuellen und optischen Greifens und Abwehrens wird erläutert, wie Einzelkomplexe in einen größeren Zusammenhang zusammentreten. Späterhin werden ungegliederte Komplexe in mannigfaltige Unterkomplexe differenziert.
Am Beispiel der Schluckbewegung und der Wisch- und Kratzbewegung wird gezeigt, wie das reflektorische Geschehen zum triebhaft-affektiven Geschehen und schließlich zur willkürlichen Betätigung wird. Der ursprünglich auf das Erreichen eines praktischen Zieles gerichtete Erregungskomplex wird modifiziert, symbolisiert und vergeistigt zu der — zuweilen in kaum noch erkennbarer Tendenz angedeuteten — Ausdrucksbewegung.
Die etwas ausführlicher besprochenen akustischen Ausdrucksbewegungen werden zurückgeführt auf die mit jeder Alarmreaktion verbundene Preßatmung, die zur Vorbereitung einer körperlichen Anstrengung den Muskeln ein erstes Widerlager bietet und im Endstadium die laryngospastisch gestaute Luft durch die Stimmbänder entläßt.
Die dadurch entstehende lautliche Äußerung läßt sich vom ersten Schrei des Neugeborenen und dem Schreien des Säuglings bis in ihre musikalischen und sprachlichen Auswirkungen verfolgen.
Die jeden Augenblick wechselnde Stimmung des Stimmorgans kommt beim Sprechen außer in der Stimmlage in der für jeden Satz charakteristischen Sprachmelodie zum Ausdruck.
Die urtümliche Lautgebung ist vergeistigter Ausdruck geworden, so wie auch die Gestik und Mimik in merkwürdig zähem Festhalten ältester Verhaltensweisen eine übertragene Bedeutung annimmt oder wie sogar die Sprache mit ihren unzähligen Metaphern Geistiges nur auf dem Umweg über Greifbar-Sichtbar-Gegenständliches auszudrücken vermag und zäh an ältester Tradition festhält.