Zusammenfassung
Zwischen 1963 und 1968 wurden 1 233 Patienten wegen Alkoholrausches, Alkoholdelirs
oder wegen Trunksucht behandelt. Davon wurden 123 Patienten im Verlaufe einer vierwöchigen
Behandlung auf Disulfiram eingestellt. Die Dauer des Alkoholabusus war bei Frauen
insgesamt kürzer als bei Männern. Bei mehr als der Hälfte aller Patienten erfolgte
die Einstellung auf Anraten des behandelnden Klinikarztes, bei je einem Fünftel aus
eigenem Entschluß oder auf Drängen der Angehörigen. 90 Patienten konnten ambulant
nachuntersucht und befragt werden. Über die Hälfte von ihnen (n = 47) hatte Disulfiram
nach zwei Monaten bereits wieder spontan abgesetzt, nur 21 Patienten hatten die Behandlung
ein bis zwei Jahre lang fortgesetzt. Knapp ein Viertel der Patienten (n = 22) war
abstinent geblieben. Ein statistisch gesicherter Zusammenhang zwischen der Dauer der
Disulfiram-Therapie und dem Grad der Abstinenz ließ sich jedoch nicht herstellen,
vielmehr spielten eine Reihe anderer Faktoren (Eheschließung, körperliche Erkrankung,
Entschluß zur Abstinenz ohne Disulfiram usw.) eine mindestens ebenso große Rolle.
Die medikamentöse Auslösung einer Alkoholunverträglichkeit durch Disulfiram ist demnach
als einzige oder wesentliche Therapiemaßnahme nicht sinnvoll, psychotherapeutische
und sozialtherapeutische Betreuung lassen sich in keinem Fall ersetzen.
Summary
1233 patients were treated between 1963 and 1968 for alcohol intoxication, delirium
or addiction. 123 of them were put on Antabuse (disulfiram) during a four-week course
of treatment. The duration of the preceding alcohol abuse had been shorter in women
than men. Follow-up out-patient examination was undertaken in 90 patients. 47 of them
had discontinued disulfiram spontaneously within two months; only 21 had maintained
treatment for one to two years. 22 had kept off alcohol. There was no statistically
significant relationship between duration of disulfiram treatment and the degree of
abstinence: various other factors (marriage, physical illness, decision of abstinence
without disulfiram, etc.) played at least as important a role. Druginduced alcohol
intolerance with disulfiram is thus not reasonable as the sole or most important therapeutic
measure. Psychotherapeutic and sociotherapeutic care is not replaced by it.