Aktuelle Kardiologie 2022; 11(04): 327-331
DOI: 10.1055/a-1820-8213
Kurzübersicht

Sekundäre AV-Klappeninsuffizienzen – Stellenwert der interventionellen Therapie

Secondary AV Valve Insufficiency – Importance of Interventional Therapy
Felix Sebastian Nettersheim
1   Klinik III für Innere Medizin, Universität zu Köln Medizinische Fakultät, Köln, Deutschland (Ringgold ID: RIN61059)
,
Hazem Omran
2   Klinik für allgemeine und interventionelle Kardiologie/Angiologie, Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen, Bad Oeynhausen, Deutschland (Ringgold ID: RIN39059)
,
Roman Pfister
3   Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin, Universität zu Köln Medizinische Fakultät, Köln, Deutschland (Ringgold ID: RIN61059)
,
Volker Rudolph
2   Klinik für allgemeine und interventionelle Kardiologie/Angiologie, Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen, Bad Oeynhausen, Deutschland (Ringgold ID: RIN39059)
› Author Affiliations
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Zusammenfassung

Sekundäre Mitral- und Trikuspidalklappeninsuffizienzen treten häufig im Kontext des Herzinsuffizienz-Syndroms auf durch geometrische oder funktionelle Veränderungen der Herzkammern und/oder -vorhöfe trotz strukturell intakter Klappe. Durch Volumenbelastung der Ventrikel können diese entscheidend zur Symptomatik und Progression der Herzinsuffizienz beitragen und sind dadurch von erheblicher prognostischer Bedeutung. Aufgrund des hohen OP-Risikos waren die Therapieoptionen traditionell oft auf eine Behandlung der Herzinsuffizienz beschränkt. Die Entwicklung von kathetergestützten Techniken ermöglicht die Behandlung der sekundären AV-Klappeninsuffizienz mit akzeptablem Risiko und ist aufgrund aktueller Studienergebnisse ein wichtiger Bestandteil der Herzinsuffizienz-Therapie. Im Folgenden geben wir einen Überblick über interventionelle Strategien zur Behandlung der sekundären AV-Klappeninsuffizienzen und deren aktuellen Stellenwert in der klinischen Praxis.

Abstract

Secondary mitral and tricuspid regurgitation are common in heart failure caused by geometrical or functional alterations of the ventricles and/or atria despite structurally normal valve apparatus. By inducing volume overload of the ventricles, mitral or tricuspid regurgitation substantially contributes to heart failure symptoms and progression and thus critically impacts prognosis. Due to high surgical risk, therapeutic options were traditionally limited to general heart failure therapy. Yet, the development of transcatheter techniques allows treatment of secondary AV valve regurgitation with acceptable risk and based on recent trial results has become a cornerstone of contemporary heart failure therapy. Herein, we will give an overview of interventional strategies for the treatment of secondary mitral and tricuspid regurgitation and discuss their current role in clinical practice.

Was ist wichtig?
  • Sekundäre AV-Klappeninsuffizienzen sind prävalente, unterbehandelte und prognostisch relevante Pathologien bei Herzinsuffizienz. Angesichts des oft hohen OP-Risikos stellen interventionelle Therapieverfahren eine wichtige Behandlungsoption dar.

  • Voraussetzung für eine Therapie der sekundären Mitralklappeninsuffizienz (MI) ist eine optimale leitlinienorientierte Herzinsuffizienztherapie. Bei Fortbestehen von MI und Symptomen kommt die operative Therapie dann vor allem bei gleichzeitiger Notwendigkeit einer operativen Revaskularisation oder eines weiteren Klappenfehlers zum Einsatz. Auf Grundlage der COAPT-Studie wurde der Empfehlungsgrad für die kathetergestützte Therapie, in Form der segelbasierten Edge-to-Edge-Reparatur, in den aktuellen Leitlinien für die isolierte sekundäre MI auf den Empfehlungsgrad IIa angehoben.

  • Kathetergestützte Techniken aus der Behandlung der Mitralklappe finden in zum Teil angepasster Ausführung Anwendung zur Behandlung der sekundären Trikuspidalklappeninsuffizienz und zeigten in ersten Beobachtungsstudien eine signifikante Verbesserung von Symptomatik, Belastbarkeit und rechtsventrikulärer Dimension. Basierend auf diesen Ergebnissen erhielt die interventionelle Therapie der sekundären Trikuspidalinsuffizienz in den aktuellen ESC/EACTS-Leitlinien zum Management von Herzklappenerkrankungen erstmals eine IIb-Empfehlung. Welche Patienten besonders profitieren, zu welchem Zeitpunkt die Therapie am meisten Sinn macht und ob neben der symptomatischen Verbesserung auch ein prognostischer Nutzen erzielt werden kann, ist Gegenstand aktueller Forschung.



Publication History

Article published online:
08 August 2022

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