Z Orthop Unfall 1988; 126(6): 709-713
DOI: 10.1055/s-2008-1044512
© 1988 F. Enke Verlag Stuttgart

Stellungnahme* zu dem Beitrag von Ch. Hopf, H. H. Matthiaß und J. Heine: „Erste Ergebnisse der operativen Behandlung der Skoliose mit dem CD-Instrumentarium nach Cotrel und Dubousset“

siehe auch: Erwiderung auf die Stellungnahme zu den kritischen Bemerkungen siehe auch: Erste Ergebnisse der operativen Behandlung der Skoliose mit dem CD-Instrumentarium nach Cotrel und Dubousset Preliminary Results of Surgical Treatment of Scoliosis with thc CD Instrumentarium After Cotrel and Dubousset. Critical Appraisal of Individual Points in This DescriptionK. Zielke1 , J. Harms2 , P. Metz1
  • 1Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie, Werner-Wicker-Klinik, Bad Wildungen-Reinhardshausen
  • 2Rehabilitationskrankenhaus Karlsbad-Langensteinbach, Karlsbad
* Zur Veröffentlichung eingereicht 2. 12. 87, angenommen 27. 10. 88.
Further Information

Publication History

Publication Date:
18 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Man muß bei der obengenannten Veröffentlichung von Hopf, Heine und Matthiaß sehr anerkennen, daß die Auroren den Mut fanden - gegen die sonstigen Gebräuche -, ihre schlechten Ergebnisse zu veröffentlichen. Sie geben mit ihren Darstellungen dem CD-Verfahren eine vernichtende Abfuhr. In keinem einzigen der gezeigten Beispiele konnten sie überzeugende Vorteile des Verfahrens gegenüber den schon bekannten und ausreichend erprobten Verfahren aufzeigen. Es muß also weiterhin die Meinung von Nachemson (1986) anerkannt werden, daß das CD-Verfahren das Stadium des Experimentellen noch nicht verlassen hat. Die Autoren geben mit ihrer Fallauswahl Beispiele dafür, wie es nicht gemacht werden soll. Sie opfern zugunsten einer primären Stabilität sowohl kranial als kaudal wichtige Bewegungssegmente und verstümmeln damit junge Menschen in einem heute nicht mehr zu vertretenden Ausmaß. - Erstaunt ist man dann allerdings, wenn die Autoren trotz dieser eigentlich niederschmetternden Erfahrungen mit diesem System zusammenfassend zu einer positiven Beurteilung kommen allerdings ohne Begründung. So beurteilen sie z. B. die erzielte Derotation positiv, obwohl sie mit ihren Ergebnissen doch gezeigt haben, daß gar keine Derotation erzielt wurde. Über die Verminderung des Rippenbuckels, welcher immerhin eine Folge einer wirksamen Derotation sein könnte, fehlen Angaben. Exakte Ausmessungen von CT-Aufnahmen in Scheitelpunktshöhe, so wie sie neuerdings in hervorragender Weise von Giehl vorgelegt wurden, sind in Münster offenbar ohnedies nicht angelegt worden, sonst wäre den Autoren vermutlich heute schon klar, daß eine Derotation ohne Bandscheibenresektion durch das CD-Verfahren nicht möglich ist. Die Autoren stellen das System trotz der gezeigten schlechten Ergebnisse als universell einsetzbares Wirbelsäulenstabilisations- und Korrektursystem vor und bezweifeln gleichzeitig den Umfang der Einsetzbarkeit der ventralen Verfahren nach Dwyer und Zielke - obwohl gerade diese Systeme weltweit gezeigt haben, wie optimale Korrekturen bei wesentlich geringerer Verstümmelung durch kürzere Versteifungsbezirke an der Wirbelsäule ermöglicht werden können - Beherrschung der Verfahren vorausgesetzt. Gerade wir Wirbelsäulenchirurgen sollten uns stets gegenwärtig halten, daß wir mit unseren Fusionsoperationen einen irreversiblen Zustand an der Wirbelsäule hervorrufen, der für das ganze Leben eines Menschen von schwerwiegenden Folgen begleitet sein kann. Es besteht kein Zweifel daran, daß dem CD-Verfahren Vorteile zugeschrieben werden müssen, die allerdings weniger in besseren Korrekturen, als vielmehr in besserer Stabilität zu sehen sind. Allerdings ist das immer wieder ins Feld geführte Argument: “No cast, no brace” (Dubousset) oberflächlich und mag einer optimistisch flachen Weltanschauung entsprechen. Es ist aber kein medizinisches, sondern ein soziales Argument und sollte Ärzte nicht dazu veranlassen, vermehrtes Risiko, vermehrte Blutungsbereitschaft durch verlängerte Operationszeit in Kauf nehmen zu wollen bei möglicherweise nicht einmal adäquaten Korrekturen. Die vorgelegten kasuistischen Beispiele der Autoren Hopf, Matthiaß und Heine sind ein beredtes Beispiel hierfür. Dies gilt um so mehr, als man aus den neuesten Auswertungen der Mortality- und Morhidity-Konunission der SRS heute entnehmen kann, daß ganz offenbar dem CD-Verfahren gegenüber dem Verfahren von Harrington ein um das Dreifache vermehrtes Komplikationsrisiko zukommt - lediglich noch übertroffen durch die in der Zwischenzeit ja hinreichend gekennzeichnete Operation nach Luque mit vierfachem Risikofaktor. - Die kritisierte Veröffentlichung läßt es angezeigt erscheinen, daß die CD-Operations-Gesamtkasuistik der Autoren Hopf, Matthiaß und Heine einer exakten Auswertung unterzogen wird, bald und durch einen unabhängigen auswärtigen Untersucher, z.B. aus unseren Kliniken. Selbstverständlich sind wir im Gegenzuge bereit, unser Material einem Mitarbeiter der Autoren Hopf, Matthiaß und Heine zur vergleichsweisen Auswertung zur Verfügung zu stellen.

Abstract

It really must be appreciated that in the above mentioned publication of Hopf, Heine and Matthiaß the authors were brave enough - against normal habits - to publish their bad results. In demonstrating their cases they render the CD System a destructive rebuff. Not in one of their demonstrated cases they were able to show that there are convincing advantages of this surgery compared to other already wellknown and sufficiently proven methods. We still have to acknowledge the opinion of Nachemson (1986) that the CD method is yet in the experimental stage. The authors show in their selective cases how it should not be done. They sacrifice in favor of a primary stability functionally important segments of the spine cranially as well as caudally and thus mutilate young human beings to an irresponsible exrent. Of course it is astonishing when the authors in spite of their actually crushing experiments with this system in summary arrive at positive results without reasons indeed. For example they comment positively on the attained derotation, although they had shown with their results that no derotation could be achieved at all. Remarks about diminishing the rib hump, which should after all be a result of a good derotation are missing. Exact measurements in CT scans of the apical vertebra, as demonstrated in an extraordinary way by Giehl, have not yet been made in Münster. Otherwise the authors would have clearly recognized that a derotation with resection of the discs is not possible using the CD method.

The authors present the system - in spite of their very bad results - as a universal spinal system for correction and stabilization and at the same time they doubt the value and extent of anterior surgical methods according to Dwyer or Zielke, even though these methods have internationally shown how the optimal corrections have resulted in fewer mutilations by using shorter fusion areas on the spine, provided that the surgeon knows how to use the instruments. We spine surgeons should always be aware that we can cause an irreversible condition on the spine of the human being with our spinal fusion operation this could have grave results for the patient for his whole life. No doubt, there are advantages in the CD method, but they rather result in better stability than in better corrections. However, the often mentioned argument “No cast, no brace” (Dubousset) seems to be superficial corresponding to an optimistic flat philosophy of life. It is no medical argument, it is a social argument. It should not lead our doctors to take into consideration more risks and more bleedings caused by longer time of operation in possibly not arriving at even adequate corrections. The presented cases of the authors Hopf, Matthiaß and Heine are a good example hereof. This is even more the case as we have learned from the newest evaluations of the Mortality and Morbidity Commission of the SRS, that evidently the CD method in comparison to the Harrington method has a threefold higher risk - only yet exceeded in the meantime by the sufficiently distinguished operation of Luque with a fourfold higher risk. The criticized publication seems to indicate that the CD operation case reports of the authors Hopf, Matthiaß and Heine should be subjected to an exact evaluation soon. This should be done by some independent orthopaedic surgeons from the outside, for example from our hospital. As a matter of course we are willing to offer our own materials or methods to one of their collaborators of Hopf, Matthiaß and Heine for comparable results.

    >