Geburtshilfe Frauenheilkd 1980; 40(6): 508-516
DOI: 10.1055/s-2008-1037367
Geburtshilfe

© 1980 Georg Thieme Verlag, Stuttgart · New York

Suppression des freien Plasmaöstriols bei der Risikoschwangerschaft nach Stimulation der mütterlichen Nebennierenrinde mit ACTH

Suppression of Free Plasma Oestriol in High-Risk Pregnancies after Stimulation of the Maternal Adrenals by ACTHG. Reck, M. Metzger, M. Breckwoldt
  • Universitäts-Frauenklinik Freiburg/Brsg. (Ärztliche Direktoren: Prof. Dr. H.-G. Hillemanns, Prof. Dr. A. Pfleiderer, Prof. Dr. M. Breckwoldt, Prof. Dr. H. A. Ladner)
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Publication Date:
19 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Die vorliegende Studie untersucht die Supprimierbarkeit des freien Plasmaöstriols bei 12 Patientinnen mit Risikoschwangerschaften in der 32. bis 39. SSW. Im einzelnen bestand bei 4 Patientinnen eine Gestose, die in drei Fällen mit einer Plazentainsuffizienz kombiniert war und in 2 Fällen eine intrauterine Dystrophie zur Folge hatte. Bei weiteren 7 Patientinnen lag eine Plazentainsuffizienz vor, sechsmal verbunden mit einer intrauterinen Dystrophie. Eine Patientin wies eine Anämie mit Wachstumsretardierung des Föten auf.

Die Blutentnahmen erfolgten halbstündlich von 17 bis 2 Uhr und um 3 Uhr. Von 20 Uhr bis 2 Uhr wurden 0,25 mg ACTH 1 - 24 (Synacthen®) infundiert. Freies Plasmaöstriol wurde radioimmunologisch, Plasmacortisol mit der Proteinbindungsmethode gemessen. Unabhängig von der Ätiologie der gestörten Schwangerschaft teilten wir die Patientinnen nach der Höhe der Östriolspiegel in der Kontrollperiode in eine Gruppe (I) mit durchschnittlichen Konzentrationen über 6 ng/ml und eine Gruppe (II) mit unter 6 ng/ml liegenden Werten ein und verglichen sie mit Normalschwangerschaften.

Die Werte in der Kontrollperiode von 17 bis 20 Uhr fielen von den normalen Schwangerschaften (21,5 ± 9,3 ng/ml) zu Gruppe I (8,6 ± 2,4 ng/ml) und Gruppe II (3,8 ± 1,2 ng/ml) jeweils signifikant ab (p < 0,001). Als Ausdruck einer dynamischen Östriolproduktion in den Abendstunden betrug der maximale Konzentrationsanstieg bei den Normalschwangerschaften in der Kontrollperiode 7,9 ng/ml; er fiel auf 3,0 ng/ml bei Gruppe I und 1,2 ng/ml bei Gruppe II ab.

Unter ACTH nahmen bei allen drei Gruppen die Östriolspiegel signifikant ab. Der durchschnittliche Konzentrationsabfall betrug bei den gesunden Schwangeren 8,6 ng/ml (44%), er lag bei Gruppe I bei 2,7 ng/ml (38%) und war bei Gruppe II mit 0,8 ng/ml (27%) am geringsten. Die Gruppe II wies mit 3 Totgeburten und 2 asphyktischen Neugeborenen die höchste Mortalitäts- und Morbiditätsrate auf. Bei Gruppe I wurden zwei unauffällige und vier mangelentwickelte, aber klinisch vitale Neugeborene entbunden.

Nach diesen Ergebnissen zeichnet sich die besonders gefährdete Schwangerschaft durch niedrigere Östriolwerte am Abend, ein Fehlen der dynamischen Östriolproduktion und durch eine verminderte Supprimierbarkeit unter ACTH aus.

Abstract

The present study investigates the suppression of free plasma oestriol in 12 high-risk pregnancies from the 32nd to 39th week of gestation. 4 patients suffered from gestosis, three times combined with placental insufficiency and in addition twice with fetal growth retardation. 7 patients presented placental insufficiency, in 6 cases associated with fetal growth retardation. 1 patient exhibited severe anemia also together with fetal growth retardation.

Blood was drawn every 30 minutes from 5 p.m. to 2 a.m., and at 3 a.m. From 8 p.m. to 2 a.m. 0,25 mg ACTH 1 - 24 (Synacthen®) was infused. Free plasma oestriol was measured by radioimmunoassay. Plasma cortisol was quantitated by the protein binding method. According to the oestriol levels in the control period patients were divided in 2 groups (mean values above or below 6 ng/ml) and compared with normal pregnancies. Mean values in the control period from 5 p.m. to 8 p.m. decreased from normal pregnancies (21,5 ± 9,3 ng/ml) to group I (8,6 ± 2,4 ng/ml) and group II (3,8 ± 1,2 ng/ml) (p<0.001). Indicating dynamic oestriol production in the evening the maximum rise of oestriol was in normal patients 7,9 ng/ml during this period. The maximum rise was in group I 3,0 ng/ml and in group II 1,2 ng/ml.

During ACTH-infusion in all three groups oestriol levels decreased significantly (p<0,001). The mean decrease was in normal pregnancies 8,6 ng/ml (44%), in group I 2,7 ng/ml (38%) and in group II only 0,8 ng/ml (27%). Group II exhibited with 3 still births and 2 distressed newborns the highest rate of mortality and morbidity. In group I 2 normal and 4 growth-retarded babies were delivered.

These results suggest that fetal jeopardy is evidenced by low oestriol values in the evening, the absence of episodic secretion and a diminished suppression under ACTH.