ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2006; 115(11): 479
DOI: 10.1055/s-2006-957161
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Wunschträume

Cornelia Gins
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Publication Date:
07 December 2006 (online)

Wer hätte sich nicht schon einmal gewünscht, in prekären Situationen einfach von der Bildfläche verschwinden zu können. In Liebesfilmen leistet in solchen Fällen der Kleiderschrank gute Dienste und beim Militär der Tarnanzug. Das Problem ist nur: Der Kleiderschrank ist der erste Ort, in den der gehörnte Ehemann schaut, und der Tarnanzug sieht eben aus wie ein Anzug. Der Wunsch nach Unsichtbarkeit existiert seit Menschengedenken. Schon für die Ägypter, Griechen, Germanen und, aktueller, auch für Harry Potter war und sind die Tarnkappe oder der Tarnmantel als Prototypen des Unsichtbarwerdens unverzichtbare Details in ihren Geschichten. Nun könnten sie bald Realität werden.

In einer der letzten Internet-Ausgaben der Fachzeitschrift Science wurde berichtet, dass es 2 Wissenschaftlern der Duke Universität in Durham, North Carolina, gelungen ist, mit einer Vorrichtung einen massiven Körper nahezu unsichtbar werden zu lassen. Allerdings klappt dieses Verfahren nur mit Mikrowellen einer bestimmten Frequenz. Auslöser dieses Experimentes war eine Aufsehen erregende Arbeit des Theoretikers Sir John Pendry vom Imperial College in London. Er beschrieb zu Beginn dieses Jahres, dass mit einem so genannten Metamaterial, das allerdings nicht in der Natur vorkommt, elektromagnetische Wellen um einen Körper herumgeleitet werden können. Dabei wird ausgenutzt, dass Licht aus elektrischen und magnetischen Wellen zusammengesetzt ist und man diese mit geeigneter Elektronik beeinflussen kann. Diese technisch hergestellten Metamaterialien können elektromagnetische Wellen auf eine Weise verändern, wie die Natur es nicht kann. In dem beschriebenen Versuch lenkte das Material die Wellen so um den Probekörper herum, dass sie dahinter fast genauso weiterliefen, wie sie vorn aufgetroffen waren. Ein Beobachter auf der Rückseite würde den Körper also gar nicht, oder besser nur schemenhaft wahrnehmen.

Die Wissenschaftler müssen allerdings einräumen, dass es sich noch nicht um eine echte Tarnkappe oder einen echten Tarnmantel handelt. Zu viele technische Probleme seien noch nicht geklärt. Aber nichtsdestotrotz: welche Chance! Erst einmal würde sich das Militär wohl für die neuen Möglichkeiten interessieren. Aber auch der eine oder andere Politiker könnte von diesem neuen Outfitmantel begeistert sein. Ein Gesetz auf den Weg bringen (wir denken sicher alle an das gleiche) - schwupp, Mantel an - und keiner ist es gewesen. Wie ist es doch schade, dass dieses Tarngewand denjenigen nicht komplett verschwinden lassen kann.

Dr. med. dent. Cornelia Gins

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