Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2006; 38(2): 67-68
DOI: 10.1055/s-2006-932353
Forschung
Neues aus der Onkologie
Karl F. Haug Verlag, in: MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Prospektiv randomisierte Studie zur Therapie von Prostatakarzinompatienten mittels Vakzinierungstherapie (Phase I/II) geöffnet

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Publication Date:
04 July 2006 (online)

Der Mangel kurativer Therapien für das metastasierte oder rezidivierende Prostatakarzinom begründet die intensive experimentelle Forschung neuer Behandlungsstrategien und die Implementierung klinischer Studien.

Durch die Identifikation prostataspezifischer Gewebe- und Tumorantigene stellen immunbasierte Therapien einen viel versprechenden, systemischen Ansatz dar. Immunantworten, die durch zielgerichtete Antikörper oder T-Zellaktivierung initiiert werden, können spezifisch gegen die Epitop-tragenden Prostatakarzinomzellen gerichtet werden. Diverse Vakzinetechniken, die dendritische Zellen, Tumorzellen oder Poxvirus als Vehikel für die antigenen Peptide in vivo nutzen, wurden in klinischen Studien bis Phase III evaluiert.

In Zusammenarbeit mit der Abteilung Immunologie des Institutes für Zellbiologie Tübingen, Prof. Dr. H.-G. Rammensee, wurden die identifizierten Antigene von Prostatakarzinomzellen für die Konstruktion von Vakzinen zur Induktion einer prostataspezifischen T-Zell-vermittelten Immunantwort genutzt. Nach Charakterisierung von HLA-Liganden an der Tumorzelloberfläche wurden mittels Data-mining Peptide selektiert, die nach Aktivierung eine tumorselektive Immunantwort induzieren konnten und von HLA-A2-Molekülen auf der prostatischen Epithelzelle präsentiert wurden. Das Wirkprinzip stellt gegenüber bisher eingesetzten Verfahren eine deutliche Erleichterung des technischen Aufwandes in der Produktion der Vakzine dar, da keine Patienten-individuelle Vakzine nach Analyse des autologen Tumorpräparates stattfinden muss und die Generierung dendritischer Zellen entfällt.

Bis zu 40 % der Männer, die mit kurativer Intention mit lokaler Radiotherapie oder mit Chirurgie wegen eines Prostatakarzinoms behandelt werden, erfahren einen asymptomatischen biochemischen PSA-Relapse, der der bilddokumentierten metastatischen Erkrankung um 3 bis 5 Jahre voranschreitet.

In Kooperation mit der Urologischen Klink Tübingen, Prof. Dr. A. Stenzl, wurde 2004 eine Phase-II-Studie initiiert, in der hormonnaive Patienten mit PSA-Relapse nach radikaler Prostatektomie und negativem Befund in der Computertomographie und der Skelettszintigraphie nach Identifikation eines positiven HLA-A2-Status geimpft werden. Das prostataspezifische Antigen (PSA) wird als Verlaufsparameter herangezogen und die Aktivität der T-Zellen monitoriert.

Bisherige Impftherapiestudien wurden im hormonrefraktären Stadium bei Patienten mit bildgebend erfassbarer Tumorlast durchgeführt. Diesbezüglich erscheint der Therapieansatz bei geringer Tumorbürde vor oder nach lokaler, sekundärer Radiatio der ehemaligen Prostataloge viel versprechend.

Die Vakzine wird mit Montanide, für das eine positive Depot- und Adjuvanswirkung für Peptidvakzine im Sinne einer geeigneten Formulierung des klassischen Inkompletten Freundschen Adjuvans beschrieben wird, gemischt und subkutan appliziert. In vier weiteren Behandlungsarmen, für die zufällig randomisiert wird, wird die Impfung durch immunmodulatorische Adjuvanzien ergänzt:

Subkutane Applikation der Peptidvakzine emulgiert in Montanide. Subkutane Applikation der Peptidvakzine emulgiert in 500 μl Montanide in Kombination mit topischer Applikation von 225 μl GM-CSF mit dem Ziel, eine durch gleichzeitige Gabe von Wachstumsfaktoren stärkere Immunantwort zu erzielen. Subkutane Applikation der Peptidvakzine emulgiert in 500 μl Montanide in Kombination mit lokaler Hyperthermie, letzteres ebenfalls mit dem Ziel einer thermisch induzierten, aggravierten Immunantwort. Subkutane Applikation der Peptidvakzine emulgiert in 500 μl Montanide in Kombination mit Imiquimod epicutan, um dendritische Zellen zu aktivieren. Subkutane Applikation der Peptidvakzine emulgiert in 500 μl Montanide zusammen mit 55 μg Mucin-1-mRNA/Protamin, um dendritische Zellen zu aktivieren.

Lokale Nebenwirkungen an der Impfstelle umfassen schmerzlose, sterile Entzündungen von wenigen Tagen Persistenz und subjektiv wenig beeinträchtigende Impfgranulome. Systemisch können kurzzeitige Temperaturerhöhungen und allergische Reaktionen vom Soforttyp ausgelöst werden. Um der anaphylaktischen Situation begegnen zu können, werden die Patienten für eine weitere Stunde nach der Vakzinierung überwacht.

Das Studiendesign sieht die 6-malige Impfung innerhalb der ersten zehn Wochen nach Randomisation und die monatliche Vakzinierung für weitere 13 Monate vor. Die Patienten werden ausschließlich mit den Agenzien eines Studienarmes behandelt.

Die Studie wird bei PSA-Progress abgebrochen und das weitere Procedere mit dem behandelnden niedergelassenen Kollegen abgestimmt.

Das Studienprotokoll eignet sich für Patienten, die von dem PSA-Progress und der noch nicht darstellbaren Erkrankungslokalisation betroffen sind, aber noch nicht mit hormonablativer Therapie versorgt werden müssten.

Wir glauben, dass diese Therapieform, wenn sie zu einem sehr frühen Zeitpunkt bei noch geringer Tumorbelastung gegeben wird, die Chancen einer Heilung oder zumindest einer Verzögerung der drohenden Hormonablation verbessert.

Sekundäres Studienziel: Untersuchung der Verträglichkeit und Durchführbarkeit einer Vakzinierungsbehandlung von Patienten mit Prostatakarzinom unter besonderer Berücksichtigung immunologischer Phänomene im Sinne einer T-Zell-Antwort, Optimierung der Applikation einer Multipeptidvakzine

Weitere Informationen auch zu anderen Studienprotokollen:

Dr. Susan Feyerabend

Klinik für Urologie,
Eberhard-Karls-Universität Tübingen

Hoppe-Seyler-Strasse 3

72076 Tübingen

URL: http://www.uro-tuebingen.de

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