Krankenhauspsychiatrie 2005; 16: 1-2
DOI: 10.1055/s-2005-870976
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Patientensuizid/Kliniksuizid bei psychischen Krankheiten

Im Rahmen der Veranstaltung zu „200 Jahre psychische Heilanstalt Bayreuth”, 26. Februar 2005Suicide of Psychiatric In-PatientsM.  Wolfersdorf1
  • 1Bezirkskrankenhaus Bayreuth, Sprecher der AG „Suizidalität und Psychiatrisches Krankenhaus”, gemeinsam mit dem Förderverein Psychiatrie des BKH Bayreuth
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Publication Date:
12 October 2005 (online)

Begrüßung und Eröffnung

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft „Suizidalität und Psychiatrisches Krankenhaus”,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,

ich darf Sie als Sprecher der Arbeitsgemeinschaft „Suizidalität und Psychiatrisches Krankenhaus” und auch in meiner Funktion als Vorsitzender des Fördervereins Psychiatrie Bayreuth sowie als Ärztlicher Direktor unseres Hauses hier zu unserem Workshop „Patientensuizid/Suizid bei psychischen Krankheiten” sehr herzlich begrüßen und Ihnen für Ihre Teilnahme als Referentin oder Referent oder auch als an der Fragestellung Interessierte danken.

Gestatten Sie mir eingangs eine kurze Anmerkung zur Einbetten des heutigen Workshop in die Veranstaltungen dieses Jahres im Rahmen von „200 Jahre Psychische Heilanstalt Bayreuth”.

Die Psychiatrie in Bayreuth verfügt über eine lange und traditionsreiche Geschichte. Der Medizinhistoriker Rudolf Virchow will darauf hingewiesen haben, dass bereits im Jahre 1326 im Raum Bayreuth ein „Dollhaus” zu St. Georgen gestiftet worden sei. Allerdings ist dies umstritten, zumal die Vorstadt St. Georgen erst im Jahre 1702 errichtet wurde. Zum anderen waren in Bayern im 14. Jahrhundert sog. Dollhäuser höchst selten und es erscheint unwahrscheinlich, dass Bayreuth zu diesem Zeitpunkt bereits über ein Haus für geisteskranke Menschen verfügte. Wahrscheinlich hat es sich um ein unter kirchlicher Leitung stehendes Spital gehandelt, in dem auch verwirrte Menschen gepflegt und betreut wurden. Im 18. Jahrhundert kam es zur Gründung eines „Zucht- und Arbeitshauses” in St. Georgen bei Bayreuth durch den protestantischen Markgrafen Georg Wilhelm von Bayreuth, welcher auf dem Bayreuther Landtag von 1713 dieses Vorhaben den Landständen vorstellte und sie aufforderte, die entsprechende Mittel für das gemeinnützige Projekt zu bewilligen. Es dauerte noch bis 1720, bis die ersten Schritte unternommen wurden und als Standort St. Georgen am See ausgewählt war. Am 14. Juli 1724 wurde der Grundstein gelegt und im Winter 1724/1725 wurden die ersten Patienten im oberen Stockwerk des im Viereck erbauten Hauses eingewiesen. Unter der Regierung des letzten Bayreuther Markgrafen Alexander (1769 bis 1791) der Fürstentümer Ansbach und Bayreuth kam es zu einer Änderung. Dieser ordnete 1783 an, dass zur Unterbringung von psychisch Kranken aus dem Bereich der Markgrafschaft eine Anstalt zu errichten sei und er stiftete dazu 1784 das sog. Prinzessinnenhaus. Dabei handelte es sich um ein bereits im Jahr 1722 von Markgraf Georg Wilhelm für seine Tochter Christiane Sophie Wilhelmine errichtetes Gebäude, das sich ebenfalls in St. Georgen unweit des Zuchthauses befand und seit Jahren leer stand. Es erwies sich bald als zu klein, wurde 1789 erweitert und stand ab 1791 dann erstmals unter ärztlicher Leitung eines Doktor Saher. 1792 dankt Markgraf Alexander ab, Bayreuth wird preußisch, Hardenberg wird preußischer Verwalter. Doktor Langermann, Jurist und Mediziner, erhält 1803 den Auftrag zur Begutachtung der Bayreuther Irrenanstalt; das Gutachten Langermanns, die sog. „Denkschrift” wird 1804 vorgelegt; mit Datum vom 14. Februar 1805 ordnet Hardenberg, damals preußischer Außenminister, die Ernennung Dr. Langermanns zum Direktor der „Psychischen Heilanstalt für Geisteskranke” an. Damit wird Dr. Langermann (1768 bis 1832) Begründer der ersten „Heilanstalt” für psychisch kranke Menschen in Deutschland und gehört zu den wichtigsten Namen in der Geschichte der klinischen Psychiatrie und Psychotherapie in Deutschland. Ohne auf die weitere Geschichte eingehen zu wollen, sei kurz erwähnt, dass 1810 Langermann die Direktorenstelle aufgibt und Chef des preußischen Medizinalwesens wird, die ehemalige Markgrafschaft Ansbach-Bayreuth wird bayerisch. Sein Nachfolger wird Dr. Stahl (1811 bis 1873), ein tief religiös bestimmter Psychiater, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt und mit der Einführung therapeutischer Maßnahmen und No-Restraint inhaltlich das umsetzt, was Langermann als Struktur vorgegeben hat. Stahl trieb auch den Bau einer Kreis-Irrenanstalt verantwortlich voran, denn sehr rasch war die „Heilanstalt für psychisch Kranke” überfüllt und es kam auch bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts erneut zu einer Mischung mit Pflegefallpatienten („die relativ verbundene Heil- und Pflegeanstalt”). Am 16. Mai 1870 wurde die Kreis-Irrenanstalt Wendelhöfen auf dem heutigen Grunde eingeweiht.

Wir feiern also dieses Jahr „200 Jahre Psychische Heilanstalt in Bayreuth”; in diesen Kontext ist auch der heutige Workshop eingebettet.

Nun zur eigentlichen Thematik. Ich darf als erstes, gemeinsam mit den Kollegen Prof. Felber und Prof. Bronisch, Ihnen allen danken, die sich als Referenten für diesen Workshop zur Verfügung gestellt haben. 25 Jahre nach der Gründung der Arbeitsgemeinschaft „Suizidalität und Psychiatrisches Krankenhaus” durch Prof. Dr. med. Günter Hole, Dr. Rüdiger Vogel und Prof. Dr. Manfred Wolfersdorf haben wir eine Bestandsaufnahme zum jetzigen Zeitpunkt für sinnvoll erachtet, nicht zuletzt, um die vor über 20 bis 30 Jahren gestellte Frage nach einer „Zunahme” der Suizide psychisch kranker Menschen unter stationären Behandlungsbedingungen 3 Jahrzehnte später erneut zu betrachten und einen Blick auf heutige Risikogruppen und Risikofaktoren zu werfen.

Im Bereich der Suizidologie und Suizidprävention finden ja in den letzten Jahren bemerkenswerte Aktivitäten statt, wobei hier nur das Kompetenznetz Depression/Suizidalität unter Leitung von Prof. Dr. Hegerl, München, oder das Nationale Suizidpräventionsprogramm (Vorsitzender des NaSPro Prof. Dr. Armin Schmidtke) der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention (Vorsitzender Prof. Dr. Felber) gemeinsam mit dem BMGS erwähnt werden sollen. Die Diskussion um suizidfördernde oder suizidpräventive Aspekte von Psychopharmaka - erinnert sei an die SSRI-Diskussion, die im letzten Jahr erneut belebt wurde, oder an die Clozapin-Diskussion - oder die Fragen nach den Auswirkungen auf Fremd- und Selbstgefährdung bei psychisch kranken Menschen durch die sich verändernde Versorgungsszene mit Zunahme von teilstationären und ambulanten Versorgungsangeboten, zunehmender Ambulantisierung der Psychiatrie und Psychotherapie, können hier angeführt werden.

Einige der genannten Fragen werden heute diskutiert. Ich darf Sie noch einmal herzlich hier im Bezirkskrankenhaus Bayreuth begrüßen und den heutigen Workshop eröffnen.

Wir danken der Firma Glaxo Smithkline, vertreten durch Herrn Kollegen Dr. Keil, für die materielle Unterstützung des Workshop.

Prof. Dr. med. Manfred Wolfersdorf

Ärztlicher Direktor · Chefarzt der Klinik für Psychiatrie,Psychotherapie und Psychosomatik · Bezirkskrankenhaus Bayreuth

Nordring 2

95445 Bayreuth ·

Email: manfred.wolfersdorf@bezirkskrankenhaus-bayreuth.de

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