intensiv 2005; 13(4): 181
DOI: 10.1055/s-2005-858181
Recht

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Missachtung einer Patientenverfügung - Kann dies einen Schadensersatzanspruch begründen?

Der Fall des Kiefersfeldener Komapatienten wird nach einer Mitteilung des Rechtsanwaltsbüros Putz/Steldinger vom 2.2.2005 neu aufgerolltWerner Schell1
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Publication Date:
28 July 2005 (online)

Der Fall des inzwischen verstorbenen Wachkomapatienten Peter K. beschäftigt die deutsche Justiz in einem zweiten Verfahren: Peter K. hatte in einer Patientenverfügung bestimmt, dass er im Koma nicht künstlich am Leben gehalten werden darf. Seine Eltern wollten ihm diesen Wunsch erfüllen. Sein Vater war vom Vormundschaftsgericht zum Betreuer bestellt worden und verlangte vom Pflegeheim Alpenpark in Kiefersfelden die Befolgung einer ärztlichen Anordnung des behandelnden Arztes. Dieser hatte das Pflegepersonal angewiesen, die künstliche Ernährung einzustellen und für die Sterbephase nur noch lindernde Medikamente zuzuführen. Da sich das Pflegeheim weigerte, die ärztliche Anordnung zu befolgen, verklagte Peter K. über seinen Betreuer das Pflegeheim erfolglos auf Unterlassung[1].

Der Bundesgerichtshof ließ wegen der besonderen Bedeutung dieses Falles hinsichtlich der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen und der Durchsetzung des Patientenwillens die Revision zu. Doch Peter K. verstarb dann während des Revisionsverfahrens, sodass wegen der damit eingetretenen so genannten „Erledigung der Hauptsache” nicht mehr in der Sache entschieden werden wird.

Nunmehr haben die Eltern von Peter K. als dessen Erben die zu Lebzeiten des Patienten entstandenen Schadensersatzansprüche gegen das Pflegeheim eingeklagt, um doch noch eine höchstrichterliche Entscheidung über die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung herbeizuführen. Sie verlangen Schmerzensgeld und Erstattung aller Aufwendungen für die Pflege des Patienten von der ärztlichen Anordnung bis zum Tod, soweit diese nicht von der Pflegeversicherung getragen wurden. Die Beträge sollen Einrichtungen aus dem Bereich Hospiz und Palliativmedizin zugewendet werden. In diesem Verfahren, das vor dem Landgericht Traunstein anhängig ist, wird zum ersten Mal Schadensersatz für die Missachtung einer Patientenverfügung, also für eine rechtswidrige Lebensverlängerung gegen den verfügten Willen des Patienten, eingeklagt. Zum ersten Mal wird ein deutsches Gericht darüber zu befinden haben, ob und gegebenenfalls welches Schmerzensgeld einem Menschen zusteht, der gegen seinen Willen weiter leben muss.

1 Siehe insoweit den Bericht: Schell W. Pflegekräften steht unter Umständen aus Gewissensgründen ein verfassungsrechtlich garantiertes - und arbeitsrechtlich bedeutsames - Weigerungsrecht zu. intensiv 2003; 11: 147 - 149.

Werner Schell

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