Klin Monbl Augenheilkd 2005; 222(4): 342
DOI: 10.1055/s-2005-858081
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Rubeosis iridis (Neovaskularisation auf der Iris)

Rubeosis Iridis (Neovascularisation on the Iris)K. W. Ruprecht1
  • 1Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum des Saarlandes
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Publication Date:
21 April 2005 (online)

„Was man weiß, sieht man” Goethe

Die spaltlampenmikroskopisch und gonioskopisch sowie letztendlich irisangiographisch sehr gut zu diagnostizierende Rubeosis iridis wird nach meinem persönlichen jahrzehntelangen klinischen Eindruck immer noch unterdiagnostiziert und unterbewertet. Dabei finden sich die ersten klinischen Beschreibungen schon Mitte des 19. Jahrhunderts. In einer Monographie über die Zuckerkrankheit wird die rosarote Färbung der Gesichtshaut, insbesondere bei jugendlichen Diabetikern, als Rubeosis diabetica bezeichnet [1]. In Anlehnung an diesen Begriff beschreibt Salus [2] erstmals 3 Patienten mit einem seit langem bestehenden insulinpflichtigen, mittelschweren Diabetes mit oberflächlichen hellroten Kapillarnetzen auf der Iris-Vorderfläche und prägt den Begriff Rubeosis iridis diabetica.Inzwischen sind über 40 Krankheitsbilder bekannt, die zu einer Rubeosis iridis führen können, weshalb man jetzt nur noch von Rubeosis iridis spricht. Sie lassen sich in 6 große Gruppen einteilen, nämlich: 1. proximale vaskuläre Erkrankungen, wie z. B. solche der Carotis, 2. okuläre vaskuläre Erkrankungen, wie z. B. der Zentralvenenverschluss und der hier zu kommentierende Zentralarterienverschluss, 3. retinale Erkrankungen, wie z. B. die Spätkomplikationen des Morbus Eales, der Sichelzellretinopathie etc., 4. Iristumoren, 5. postinflammatorische Ursachen und die so genannte fokale Rubeosis iridis i. d. R. am Pupillarsaum, z. B. bei myotoner Dystrophie.

Im klinischen Alltag hat sich nachfolgende Klassifikation bewährt: I. Fokaler, stationärer Typ: ätiologisch direktes Iris-(Linsen-)trauma, nach Therapie stationär bzw. reversibel. Prognostisch handelt es sich um eine sich klinisch benigne verhaltene Form. II. Diffuser, progressiver Typ: ätiologisch im Rahmen generalisierter/intraokularer Gefäßprozesse (am häufigsten Retinopathia proliferans). Prognostisch handelt es sich um eine sich klinisch irreversibel maligne verhaltene Form. Dieser Typ wird weiter unterteilt nach: I. Initiale Lokalisation: a) peripupillär, b) intermediär, c) ziliar. II. Ätiologie: a) generalisierte Erkrankungen, b) vaskuläre Erkrankungen, c) intraokulare Erkrankungen.

Differenzialdiagnostisch hiervon sind Varianten, der „Pseudo-Rubeosis-Iridis” abzugrenzen, die durch Atrophie des Iris-Stromas und damit Freilegung von Irisgefäßen bzw. als Hyperämie einzuordnen sind. In der Regel können nur beim fokalen, stationären Typ der Rubeosis iridis mit Erfolg intraokulare Eingriffe durchgeführt werden. Bei der diffusen progressiven Form der Rubeosis iridis verbietet sich jedoch eine Eröffnung des Auges. Nur unter strengster Indikationsstellung und Einhaltung prophylaktischer präoperativer Maßnahmen bzw. besonderem intraoperativen Vorgehen ist eine Eröffnung des Auges zu vertreten. Anderenfalls riskiert der Operateur einen weiteren Winkelblock und eine zusätzliche Progression der Rubeosis iridis. Wenn noch zu Mitte des vorigen Jahrhunderts galt, dass die Rubeosis iridis ein „Signum mali ominis” ist, kann heute durch die mögliche Frühdiagnose der Neovaskularisation der Iris eine wirksame Prophylaxe einer weiteren Progredienz und sogar einer Therapie angeboten werden, was in der zu kommentierenden Arbeit wiederum belegt werden kann.

Literatur

  • 1 Noorden C H, v. Isaac G. Die Zuckerkrankheit und ihre Behandlung. 8. Aufl. Berlin; Springer 1927
  • 2 Salus R. Rubeosis iridis diabetica, eine bisher unbekannte diabetische Irisveränderung.  Medizin Klin. 1928;  7 256-258

Prof. Dr. Klaus W. Ruprecht

Direktor der Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum des Saarlandes

Kirrberger Str. 1

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