intensiv 2003; 11(6): 261
DOI: 10.1055/s-2003-814094
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

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Publication Date:
07 January 2004 (online)

im Januar 2004 wird ein neues Krankenpflegegesetz [1] mit neuer Ausbildungs- und Prüfungsverordnung [2] in Kraft treten. Damit werden die Ausbildungen in der Gesundheits- und Krankenpflege oder Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, so die dann gültigen Bezeichnungen, neu geordnet. Von den Veränderungen werden nicht nur die Schulen, die Ausbildungsstätten und die Auszubildenden, sondern alle Berufsangehörigen betroffen sein.

Allerdings werden diejenigen, die in der Vergangenheit eine weit reichende Neuformulierung des Krankenpflegegesetzes forderten, enttäuscht. Obwohl die neuen Berufsbezeichnungen auf den ersten Blick einen radikalen Wandel suggerieren, handelt es sich bei näherer Betrachtung doch eher um eine Novellierung im Detail, die sich auch in der aktuellen Fassung nur langsam dem EU-Standard der Pflegeausbildung nähert.

Die wichtigsten Veränderungen in Kürze:

Neue Berufsbezeichnungen: Gesundheits- und Krankenpflegerin/Gesundheits- und Krankenpfleger oder Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin/Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger Erhöhung der Stundenzahl des Unterrichts von 1600 auf 2100 Senkung der Stundenzahl der prak­tischen Ausbildung auf 2500. Die Einsätze in präventiven, kurativen, rehabilitativen und palliativen Gebieten werden auf 500 Stunden ausge­weitet. In einem integrierten Teil der Ausbildung werden Gesundheits- und Krankenpflegerin und Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin gemeinsam ausgebildet. Eine 1200 Stunden umfassende Differenzierungsphase vermittelt jeweils die speziellen Kompetenzen der Gesundheits- und Krankenpflege oder Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. Die hauptberufliche Leitung einer Schule ist durch eine entsprechend qualifizierte Fachkraft mit einer abgeschlossenen Hochschulausbildung zu besetzen. Die Ausbildungseinrichtungen stellen Praxisanleitung durch Pflegefachkräfte mit Berufserfahrung und einer mindestens 200 Stunden umfassenden berufspädagogischen Zusatzqualifikation sicher.

Die Neuregelungen werden von der Fachöffentlichkeit und den Berufsverbänden, trotz einiger Kritik im Detail, prinzipiell begrüßt. Der in der Tendenz erkennbare Versuch des Gesetzgebers, die Ausbildungen dem sich verändernden gesellschaftlichen Bedarf an professionelle Pflegedienstleistungen anzupassen, spiegelt sich in einer Anhebung der Unterrichtsstunden, die dem wachsenden Wissensgebäude der Pflege geschuldet ist, sowie in der verstärkten Berücksichtigung von Ausbildungsorten außerhalb des Krankenhauses mit präventiver, rehabilitativer und palliativer Ausrichtung. Auf der anderen Seite besteht aber auch ein breiter Konsens darüber, dass die nun getroffenen Regelungen nicht ausreichen werden, den Herausforderungen an die pflegerische Versorgung der Bevölkerung in den kommenden Jahrzehnten erfolgreich und nachhaltig zu begegnen. Damit dürfte das neue Krankenpflegegesetz wohl eher als Zwischenschritt auf dem Weg gedeutet werden, Pflege und Pflegeausbildung neu zu denken.

Mit der Hinwendung zu einer integrierten und im Kern generalistisch ausgerichteten Ausbildung in den Pflegeberufen stellt sich unmittelbar die Frage, welche Auswirkungen für einen spezialisierten Bereich wie die Intensivpflege zu erwarten sind. Neben der formalen Anpassung der landesrechtlichen Regelungen für die Weiterbildung in der Intensivpflege an das neue Krankenpflegegesetz könnte der Zeitpunkt als Chance genutzt werden, auch inhaltlich zu fragen, ob Ziele und Inhalte der Weiterbildungsverordnungen neu formuliert werden müssen.

In dieser Ausgangslage sind für den aufmerksamen Beobachter allerdings auch nicht mehr zu überhörende und Besorgnis erregende Signale zu vernehmen. So propagieren unter dem Kostendruck im Gesundheitswesen leidende Krankenhausträger bereits eine in moderne Gewänder gekleidete Abwendung von staatlich geregelter Weiterbildung in den Pflegeberufen. Hiermit ist die Gefahr verbunden, hinter den auf Anfang der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts zu datierenden Beginn, Weiterbildung auf einem einheitlichen Niveau zu regeln, zurückzufallen und den inzwischen erreichten Qualitätsstandard in der Intensivpflege zur Disposition zu stellen.

Die für manches Krankenhaus aus kurzsichtigen finanziellen Erwägungen verlockend erscheinende Hinwendung zu nicht vergleichbaren krankenhausinternen, sozusagen selbst gestrickten und im Umfang reduzierten Qualifikationsniveaus in der Intensivpflege ist eindeutig nicht geeignet, der zukünftig weiter steigenden Pflegebedürftigkeit kritisch kranker, auf Intensivstationen gepflegter und behandelter Menschen in unserem Land mit professionellen und wirkungsvollen Pflegedienstleistungen zu begegnen.

Die Herausgeber

Literatur

  • 1 Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege und zur Änderung anderer ­Gesetze vom 16. Juli 2003. Online im Internet: http://www.bmgs.bund.de/download/­gesetze/gesundheitsberufe/KrankenpflegegesetzFassung.pdf, entnommen am 2.11.2003. 
  • 2 Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege (KrPflAPrV) Stand 15. August 2003. Online im Internet: http://www.bmgs.bund.­de/download/gesetze/entwuerfe/KrPflA­PrVStand15_8.pdf, entnommen am 2.11.2003. 
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