Zentralbl Chir 2003; 128(10): 786-787
DOI: 10.1055/s-2003-44337
Editorial

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D2- doch besser als D1-Lymphadenektomie beim Magenkarzinom - endgültige Resultate der holländischen Magenkarzinomstudie

D2 Lymphadenectomy Superior to D1 Lymphadenectomy in Gastric Cancer SurgeryA. H. Hölscher1 , E. Bollschweiler1 , R. Metzger1 , S. P. Mönig1
  • 1Klinik und Poliklinik für Viszeral- und Gefäßchirurgie der Universität Köln
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Publication Date:
20 November 2003 (online)

Die 5-Jahres-Ergebnisse der randomisierten holländischen und englischen Magenkarzinomstudien hatten im Jahre 1999 nur eine signifikant erhöhte Morbidität und Mortalität der D2- gegenüber der D1-Gruppe ergeben aber nicht den erwarteten Prognosegewinn durch die ausgedehntere Lymphadenektomie [2] [3] [5] [6]. Nach kurativer Resektion wiesen die holländischen D2-Patienten eine 10 %ige postoperative Mortalität gegenüber 4 % für D1 auf (p = 0,004). Gleichzeitig hatten die D2-Patienten signifikant mehr Komplikationen (43 % vs. 25 % für D1) (p < 0,001) [2] [3]. Dieses führte auch zu einem verlängerten Krankenhausaufenthalt für die Gruppe mit D2-Lymphadenektomie. In Anbetracht des Evidenzgrades 1 b dieser randomisierten Studien wurde der Wert der D2-Gastrektomie trotz der gegenteiligen Resultate der nicht randomisierten deutschen Magenkarzinomstudie infrage gestellt [10]. Heftige Kritikpunkte an der holländischen und auch der englischen randomisierten Multizenterstudie blieben jedoch die hohe Morbidität und Mortalität besonders nach gleichzeitiger Pankreasresektion und nach Splenektomie im Vergleich zu anderen Arbeiten [4] [8] [10].

Auf dem internationalen Magenkrebskongress in Rom im Mai dieses Jahres wurden von Hartgrink und van de Velde die endgültigen (10-Jahres-)Ergebnisse der holländischen Studie vorgestellt und in Abstraktform publiziert [7]. Zwischen 1989 und 1993 waren 996 Patienten randomisiert worden, von denen 711 (380 D1 und 331 D2) in kurativer Absicht die zugewiesene Operation bekamen. Nach 10 Jahren Follow-up bestand zwischen diesen randomisierten Gruppen kein signifikanter Unterschied im Überleben. Wenn jedoch die postoperative Mortalität ausgeschlossen wurde, lag ein marginaler signifikanter Unterschied zugunsten der D2-Lymphadenektomie-Gruppe vor (p = 0,1). Besonders Patienten mit N2-Stadium hatten prognostische Vorteile von einer D2-Lymphadenektomie. Das relative Risiko für Morbidität und Mortalität war signifikant höher bei gleichzeitiger Splenektomie, Pankreasresektion oder Alter über 70 Jahren. Die Analyse der Patientengruppe ohne Milz- oder Pankreasresektion zeigte nach 10 Jahren einen signifikanten Überlebensvorteil für die D2-Gruppe. Das hohe Alter führte nicht zu mehr Komplikationen, aber wenn Komplikationen auftraten, so führten sie häufiger zu einem Versterben. Die Lebenserwartung und das Überleben waren signifikant geringer in der Gruppe hohen Alters.

Zusammenfassend zeigen die jetzt vorliegenden 10-Jahres-Ergebnisse zwar keinen Vorteil im Langzeitüberleben zwischen beiden randomisierten Gruppen. In der N2-Untergruppe gab es jedoch einen Prognosegewinn, der signifikant war bei niedriger postoperativer Mortalität wie in der Gruppe ohne Splenektomie oder Pankreasresektion. Für Patienten im Stadium N2 ist die D2-Lymphadenektomie die einzig mögliche kurative Behandlung. Folgende Schlussfolgerungen sind von den jetzt vorliegenden Ergebnissen zu ziehen:

Wenn eine D2-Lymphadenektomie ausgeführt wird, so muss sie sehr sicher sein und mit geringer Morbidität und Mortalität vorgenommen werden.

Unter diesen Voraussetzungen ist ein Überlebensvorteil für die Gruppe mit D2-Lymphadenektomie, insbesondere bei N2-Status zu erzielen.

Da der N2-Status präoperativ heute noch nicht verlässlich abgeschätzt werden kann, ist die D2-Lymphadenektomie beim Magenkarzinom die Therapie der Wahl, außer bei Mukosakarzinomen, die sich eventuell für eine endoskopische Mukosaresektion eignen.

Die in der Zukunft zu lösende Frage wird es sein, prä- oder intraoperativ die N2-Gruppe zu erkennen und damit eine individualisierte Indikation zur D2-Lymphadenektomie zu stellen. Dieses kann eventuell über die Sentinel node-Strategie oder die Anwendung neuronaler Netze oder von Biomarkern erfolgen [1] [9].

Literatur

  • 1 Bollschweiler E, Mönig S P, Hölscher A H. Lymphknotenmetastasierung - Kann man sie vorhersagen?.  Onkologe. 2001;  7 604-609
  • 2 Bonenkamp J J, Hermans J, Sasako M, van de Velde C J. Extended lymph-node dissection for gastric cancer.  Dutch Gastric Cancer Group. N Engl J Med. 1999;  340 908-914
  • 3 Bonenkamp J J, Songun I, Hermans J, Sasako M. et al . Randomised comparison of morbidity after D1 and D2 dissection for gastric cancer in 996 Dutch patients.  Lancet. 1995;  345 745-748
  • 4 Brennan M F. Lymph-Node Dissection for Gastric Cancer.  N Engl J Med. 1999;  340 956-958
  • 5 Cuschieri A, Weeden S, Fielding J. et al . Postoperative morbidity and mortality after D1 and D2 resections for gastric cancer: preliminary results of the MRC randomized controlled surgical trial.  Lancet. 1996;  347 995-999
  • 6 Cuschieri A, Weeden S, Fielding J, Bancewicz J, Craven J, Joypaul V, Sydes M, Fayers P. Patient survival after D1 and D2 resections for gastric cancer: long-term results of the MRC randomized surgical trial. Surgical Co-operative Group.  Br J Cancer. 1999;  79 1522-1530
  • 7 Hartgringk H H, van de Velde C J. Final results of the Dutch D1 versus D2 gastric cancer trial. Book of abstract. International Gastric Cancer Congress, Rome, May 4-7, 2003
  • 8 Junginger T. Lymphknotendissektion beim Magenkarzinom - Ende eines Glaubenskrieges?.  Dtsch Ärztebl. 2001;  98 101-102
  • 9 Metzger R, Leichmann C G, Danenberg K D, Danenberg P V, Lenz H J, Hayashi K. et al . ERCC1 mRNA levels complement thymidylate synthase mRNA levels in predicting response and survival for gastric cancer patients receiving combination cisplatin and fluorouracil chemotherapy.  J Clin Oncol. 1998;  16 309-316
  • 10 Siewert J R, Böttcher K, Stein H J, Roder J D. Relevant prognostic factors in gastric cancer: ten-year results of the German Gastric Cancer Study.  Ann Surg. 1998;  228 449-461

Prof. Dr. med. A. H. Hölscher

Klinik und Poliklinik für Viszeral- und Gefäßchirurgie der Universität zu Köln

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