Laryngorhinootologie 2003; 82(4): 289-290
DOI: 10.1055/s-2003-38939
Aktuelle Habilitation
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Untersuchungen zur Konditionierung der Atemluft in der Nase

Examinations on Nasal AirconditioningT.  Keck1
  • 1Universitäts-HNO-Klinik Ulm, Ulm
Further Information

Publication History

Publication Date:
28 April 2003 (online)

Die nasale Erwärmung, Befeuchtung und partielle Reinigung der Atemluft stellt eine der zentralen Aufgaben der Nase dar.

Das Ziel dieser Arbeit war, Messtechniken auf ihren Einsatz in den Nasenwegen zu untersuchen, um Temperatur- und Feuchtedaten sowie Angaben zur Partikelfiltration in der gesunden Nase zu erhalten. Ein weiteres Ziel der Arbeit war ihre Anwendung bei klinischen Fragestellungen.

Die Feuchte- und Temperatursensoren waren geeignet, unter physiologischen und klinischen Bedingungen Profile der Feuchtigkeit und Temperatur in den Nasenwegen zu erstellen. Die klinische Anwendung wurde in erster Linie durch die Enge der Nase und die Vulnerabilität der Nasenschleimhaut erschwert.

Ein routinemäßiger Einsatz der Messgeräte in der Rhinologie ist derzeit noch nicht möglich. Ein Grund ist die Komplexität der Messgeräte, ein weiterer die generelle Problematik von In-vivo-Messungen in der Nase. Nasenwege weisen große Variationen der Anatomie, der Schleimhautbeschaffenheit und des Strömungsverhaltens auf.

Der Messaufbau zur Partikelzählung in der Nase war geeignet, ein Profil der Partikelverteilung in definierten Nasenabschnitten zu erstellen. Eine weitere Charakterisierung noch enger begrenzter Nasenareale gelang nicht. Der Messaufbau erfordert die Exposition mit einem Aerosol und eine tiefe intranasale Sondenlage in einer weitgehend arretierten Kopfposition. Dies kann bei langer Expositionszeit eine unzumutbare Belastung für den Untersuchten darstellen.

Eine wesentliche Erkenntnis bei den nasalen Partikelmessungen sowie den Temperatur- und Feuchtemessungen an Probanden war die hohe Beanspruchung der Nasenklappenregion und der vorderen Muschelregion bei der Atemluftkonditionierung in der Nase. Entgegen strömungsphysikalischer Überlegungen ist bereits dieser Abschnitt der Nase respiratorisch bedeutsam. Der vordere Nasenabschnitt ist somit nicht nur für die Regulierung des Atemstroms bei der Einatmung wichtig, sondern auch für die Erwärmung, Befeuchtung und Reinigung von Partikeln. Ein hier erfolgender Wärmezuwachs der eingeatmeten Luft ist Voraussetzung für eine suffiziente Wasserdampfsättigung der Luft bei der Passage entlang den Nasenmuscheln.

Die Schleimhaut des vorderen Nasenabschnitts ist den in- und exspiratorischen Temperatur- und Feuchteschwankungen und den unter Umständen extremen klimatischen Umgebungsluftbedingungen besonders ausgesetzt. Dies zeigte sich nach Exposition mit besonders trockener und kalter bzw. feuchter und warmer Luft und anschließender Atmung von normal-temperierter Raumluft. Bereits in der Nasenklappenregion und der vorderen Muschelregion werden „subtropische Bedingungen”, d. h. wechselnd warm-feuchte und kalt-trockene Luftverhältnisse, geschaffen. Nach retrograder Durchströmung der Nasenwege mit der Ausatemluft werden „tropische Bedingungen”, d. h. extrem warme und feuchte Luftverhältnisse, in der Nase erzeugt. Die Schaffung „subtropischer” Verhältnisse ist eine Voraussetzung für den unbeeinträchtigten Ablauf physiologischer Vorgänge an der Schleimhaut der Nase und der tiefer gelegenen Atemwege. Epitheliale Reinigungsmechanismen, der mukoziliare Transport und immunologische Aufgaben funktionieren bei annähernd gesättigter Luft mit Feuchtigkeit und einer Temperatur von 37 °C am besten.

In Messungen vor und nach Abschwellen der Nasenschleimhaut zeigte sich, dass die Nasenschleimhaut eine große Reserve an Erwärmungs- und Befeuchtungsfunktion besitzt. Zum Zeitpunkt des maximalen Abschwelleffekts war sowohl eine suffiziente nasale Erwärmung und Befeuchtung als auch eine Partikeldeposition möglich.

Patienten mit Nasenseptumperforationen wiesen einen niedrigeren Anstieg der Wasserdampfsättigung in der Nasenklappenregion als Nasengesunde auf. Dies deutet darauf hin, dass eine intakte Schleimhaut im Bereich der vorderen Nasenwege für die Befeuchtung in der Nase wichtig ist. Nach operativem Verschluss dieses Defektbereiches war die Wasserdampfsättigung in diesem Bereich sogar signifikant höher.

Patienten mit chronischer Sinusitis und gesunde Probanden zeigten keine Unterschiede der nasalen Erwärmung. Nach Nasennebenhöhlenoperation war die Erwärmung in der Nase unverändert im Vergleich zu präoperativ. Das Abschwellen der Nasenschleimhaut hatte vor und nach der Operation keinen signifikanten Einfluss auf die Erwärmung in der Nase.

Die Schleimhaut der Nasenklappenregion ist von großer Bedeutung bei der Erwärmung, Befeuchtung und Partikelfiltration. Bei medikamentösen und chirurgischen Therapien muss dies zukünftig stärker berücksichtigt werden.

Basierend auf den ersten Versuchen und Studien an Probanden und Patienten wurde der Messaufbau mittlerweile technisch ausgebaut und weitere klinische Fragestellungen auf dem Gebiet der Nasenphysiologie, Umweltmedizin und Allergologie als auch der Nasenchirurgie bearbeitet. Derzeitige Studien befassen sich u. a. mit der Überprüfung von errechneten nasalen Klimatisierungsprozessen im Computermodell als auch mit dem Einfluss von Nasenoperationen incl. Muscheleingriffen auf die nasale Klimatisierung. Ein neues Anwendungsgebiet wurde durch Modifikation des Messaufbaus und Klimamessung in der Trachea bei Tracheotomierten und Laryngektomierten erschlossen.

Dr. med. Tilman Keck, Jahrgang 1964

PD Dr. med. Tilman Keck

Universitäts-HNO-Klinik Ulm

Prittwitzstraße 43 · 89075 Ulm ·

Email: tilman.keck@medizin.uni-ulm.de

    >