Laryngorhinootologie 2002; 81(10): 741-742
DOI: 10.1055/s-2002-34998
Aktuelle Habilitation
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Untersuchungen zur optimalen Elektrodenlage bei Cochlea-Implantat-Patienten

Studies on the Optimal Electrode Position in Patients with Cochlea ImplantsAnke  Lesinski-Schiedat1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Hannover
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Publication Date:
24 October 2002 (online)

Im Vergleich zum normalen Gehör ist ein Cochlea-Implantat (CI) nur ein grober Ersatz der Innenohrfunktion. Während der Transformation der Sprache im Sprachprozessor des CI gehen systematisch Merkmale verloren. Ein weiterer Verlust an Informationsvielfalt liegt in der begrenzten Kanalkapazität der Elektrode. Einer Erhöhung der Kanalkapazität steht die elektroanatomische Reizsituation entgegen, die durch Anzahl, Anordnung und Reizung der Elektroden der störenden Interaktion und der Maskierung einzelner Reize begegnen muss. Um diese Interaktionen und Maskierungen zu minimieren, ist eine präzise und lokal begrenzte Feldausbreitung notwendig. Eine solche präzisierte Feldausbreitung führt zu einer reduzierten Reizschwelle und somit auch einem geringeren Energieverbrauch. Außerdem erscheint eine simultane Stimulierung bei geringeren Kanalinteraktionen möglich. Im Rahmen einer klinischen Studie konnte gezeigt werden, dass Patienten mit einer kontinuierlichen Stimulation (CIS) eine ungenügende Kanaltrennung und hohe Reizschwellen aufwiesen. Hingegen wiesen alle Patienten mit einer simultanen Stimulationsstrategie (SAS) eine niedrigere Reizschwelle auf. Diese Daten stützen die Hypothese, dass eine modiolusnähere Platzierung eine optimierte Stimulierung hinsichtlich der oben genannten Parameter zugunsten eines besseren Sprachverstehens ermöglicht.

Ein neu entwickeltes Composite-Elektroden-System wurde in einer tierexperimentellen und klinischen Studie verwendet, mit welchem neben der Elektrode lateral eine Positioner Schiene intracochleär eingeführt wird. Neben der Effektivität, die in einer akuten tierexperimentellen und einer klinischen Studie geklärt wurde, war die ausreichende Sicherheit in einer chronischen tierexperimentellen Studie hinsichtlich der chirurgischen Implantation und der chronischen intracochleären Lage nachzuweisen.

In akuten Tierversuchen wurden die elektrophysiologischen Vorteile einer modiolusnahen Elektrodenlage nachgewiesen. Es konnte gezeigt werden, dass die Schwellen der elektrisch evozierten Hirnstammaudiometrie nach Einführen des Positioners signifikant niedriger lagen. Insertionsstudien am menschlichen Felsenbein konnten zeigen, dass das zusätzliche intracochleäre Einführen des Positioners lateral zur Elektrode keine Traumatisierung der Basilarmembran, der Lamina spiralis ossea und des Ligamentum spirale verursacht.

In Langzeituntersuchungen im Tiermodell (3 Monate) wurde aufgrund des Materials, der Lage des Positioners und der Elektrode keine pathomorphologische Veränderung (Traumatisierung, Gewebeneubildung) gefunden.

Die folgende Cochlea-Implantation mit Positioner bei erwachsenen Patienten diente dem Nachweis der Effektivität für den Patienten. Die intraoperativ gemessenen Impedanzen zeigten nach Einführen des Positioners den erwarteten Anstieg und die Schwellenreduktion der Stapediusreflexe und Hirnstammpotenziale. Die radiologische Kontrolle der Elektrodenlage wies die im Vergleich zu Patienten ohne Positioner deutlich tiefere Insertion, im Mittel um 180° tiefer, nach.

Die postoperative Testung des Sprachverstehens zeigte im Mittel bessere Resultate als bei Patienten ohne Positioner. Auch über diese Studie hinaus konnte gezeigt werden, dass 95 % der Patienten mit Elektroden-Positioner-System die simultane Stimulation (SAS) bevorzugen. Eine positive Korrelation bei CI-Patienten zwischen zerebraler neuronaler Funktion, metabolischer Stoffwechselaktivität und Durchblutungsfluss wurde in vielfältigen Studien mittels Positronen-Emissions-Tomographie nachgewiesen, so dass das Verfahren zur Objektivierung der Sprachtestergebnisse genutzt wurde. Die stärkere Perfusion des auditorischen Kortex bei Patienten mit Positioner im Vergleich zu Patienten ohne Positioner weist eine effizientere Informationsübermittlung bei diesen Patienten nach.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine reihenförmige Anordnung der Elektroden mit ovalären Kontaktformen, ausgerichtet auf den Modiolus, und modiolusnah dauerhaft platziert zu einer Reduktion von Kanalinteraktionen und Fokussierung der Stimuli führt zugunsten eines besseren Sprachverstehens. Somit ist eine wesentliche Bedingung zur Entwicklung von total implantierbaren CI-Systemen erreicht.

PD Dr. med. Anke Lesinski-Schiedat

Medizinische Hochschule Hannover · Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde

Carl-Neuberg-Straße 1 · 30625 Hannover

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