Zentralbl Chir 2001; 126(10): 798
DOI: 10.1055/s-2001-18260
Originalarbeiten und Übersichten

J.A.Barth Verlag in Medizinverlage Heidelberg GmbH & Co.KG

Kommentar auf Anforderung der Schriftleitung

Invited commentaryK.-J. Winzer, J. M. Müller
  • Klinik für Allgemein-, Visceral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum Charité, Berlin
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Publication Date:
06 November 2001 (online)

Die Autoren berichten über ihre ersten Ergebnisse mit der vakuumstanzbioptischen Sicherung von nicht-tastbaren Mammakarzinomen, eine Methode, über die bereits Erfahrungen an wesentlich größeren Patientenkollektiven vorliegen [1] [5] [6] [7] [9] [14].

Das Ziel des beschriebenen Vorgehens ist die definitive Klärung eines suspekten mammographischen Befundes und damit einhergehend bei benignen Läsionen das Vermeiden einer Operation.

Die Begründungen der Autoren für das von ihnen gewählte Vorgehen inklusive des chirurgischen Managements sind nicht schlüssig und werfen zumindest aus unserer Sicht einige Fragen auf.

Die Autoren fordern nach den Eingriffen regelmäßige Kontrolluntersuchungen. Dies ist schwer verständlich, wenn durch die Vakuumstanzbiopsie eine definitive Klärung des Befundes erreicht werden kann. Die Stanzbiopsien sollen zu einer geringeren intramammären Narbenbildung führen. Von der klinischen Relevanz dieses Problems abgesehen, müßte bei vollständiger Entfernung der Läsion der Gewebsverlust durch die Stanzbiopsie mit der konventionellen, offenen Biopsie vergleichbar sein, wenn letztere mit adäquater Operationstechnik durchgeführt wird. Die Präparatradiographie wird aus forensischen Gründen (Bestätigung der Entfernung der suspekten Läsion) und in einigen Zentren als Hilfe für den Pathologen zur Vermeidung eines Gewebsselektionsfehlers (falsch-negativer Befund) durchgeführt. Weshalb die Autoren bei definitiver Karzinomoperation, also nach bereits erfolgter Karzinomsicherung eine erneute Präparatradiographie fordern, ist für uns ohne weitere Erklärung nicht nachzuvollziehen. Auch kann der Pathologe nicht mit ausreichender Sicherheit zur Kongruenz von Mammographie- und Histologiebefund Stellung nehmen. Selbst wenn die Stanzbiopsien nach einem festen Schema entnommen werden, muß ihre spätere Zuordnung zumindest infrage gestellt werden, da die Zylinder selten vollständig sind. Die Überlegenheit der Vakuumstanzbiopsie gegenüber der konventionellen Stanzbiopsie ist nicht so eindeutig wie die Autoren angeben, wenn bei letzterer mehrere (zumindestens fünf) Stanzen aus unterschiedlichen Regionen der suspekten Läsion entnommen werden. Die Behauptung, daß sich das ABBI-System und die Vakuumstanzbiopsie in ihrer Aussagekraft nicht unterscheiden, muß infrage gestellt werden. Mit dem ABBI-System wird ein großvolumiger Zylinder entnommen, was ein vergleichbares Präparat wie bei der konventionellen Biopsie ergibt. Eine gezielte Nachresektion ist möglich und kosmetisch günstiger als die völlige Umschneidung. Zudem erlaubt die ABBI-Biopsie eine genaue Tumorgrößenbestimmung, die unter Umständen für die Indikation zu einer systemischen Therapie nach den Empfehlungen von St. Gallen (> 20 mm) entscheidend sein könnte. Der Gewebsdefekt beider Methoden ist identisch. Der Nachteil einer kleinen Narbe beim ABBI-System wird durch die Möglichkeit der gezielten Blutstillung bei gleicher Blutungsgefahr aufgehoben. Ferner wird der zu entfernende Gewebszylinder während der Bergung beim ABBI-System durch eine Hülse geschützt, so daß das Problem der Tumorverschleppung im Stichkanal ausscheidet.

Generell ist die Einführung von Methoden, wie der oben beschriebenen, durch die tumorverdächtigen Läsionen in der Mamma gezielt unter „radiologischer Sicht” entfernt werden können, sinnvoll und dem konventionellen Vorgehen überlegen. Ihre Einführung und Anwendung in der Praxis sollte jedoch mit der notwendigen Kritik erfolgen.

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Dr. med. K.-J. Winzer

Leiter Schwerpunkt Mammachirurgie

Klinik für Allgemein-, Visceral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie

Universitätsklinikum Charité

Campus Charité Mitte

Schumannstraße 20/21

10117 Berlin

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