intensiv 2017; 25(01): 6-7
DOI: 10.1055/s-0042-118516
Kolumne · Rechtsticker
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kolumne · Rechtsticker

Tobias Weimer
1   WEIMER I BORK – Kanzlei für Medizin- & Strafrecht, Frielinghausstr. 8 44803 Bochum, URL: info@kanzlei-weimer-bork.de   URL: www.kanzlei-weimer-bork.de
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Heidi Günther
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Publication Date:
05 January 2017 (online)

KOLUMNE

Vertrauen ist gut …

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(Paavo Blåfield)

Wer andern gar zu wenig traut, hat Angst an allen Ecken; wer gar zu viel auf andre baut, erwacht mit Schrecken.

(Wilhelm Busch (1832–1908), deutscher Dichter und Zeichner)

Heute will ich mal eine Lanze für die Stationsleitungen brechen.

Vor einiger Zeit habe ich eine Meldung gelesen, in der es hieß, dass jeder zweite Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber nicht vertraut. Eine von den schier unendlich vielen Unternehmensberatungsfirmen unseres Landes – übrigens gibt es 109.500 Unternehmensberater, auch Management Consultants genannt, in Deutschland – will herausgefunden haben, dass nur 47 % der Arbeitnehmer ihrem Chef vertrauen. Der Rest ist skeptisch, misstrauisch oder vielleicht auch nur desinteressiert. Als Misstrauensgründe werden unfaire Bezahlung, fehlende Chancengleichheit, hohe Fluktuation und Defizite im Management genannt. Als Folgen dieser Unzufriedenheit, unter anderem durch mangelndes Vertrauen, sinken Leistungsbereitschaft, Engagement, Flexibilität und natürlich auch die Qualität. Das sind jetzt nicht gerade die neuesten Erkenntnisse und auch ohne die wahrscheinlich sündhaft teure Studie weiß jeder von uns aus dem alltäglichen Berufsleben, wie lähmend anhaltende Unzufriedenheit unter den Kollegen sein und welche Folgen das haben kann. Auch wenn wir Stationsleitungen in dieser Studie wahrscheinlich nicht unbedingt gemeint waren, verrate ich hier kein Geheimnis, dass solche unguten Stimmungen einer Stationsleitung erstens nicht verborgen bleiben und zweitens schon schlaflose Nächte bereiten können. Mir ging oder geht es zumindest so. Wenn dann noch ein spürbarer Vertrauensverlust dazukommt … na, dann gute Nacht, Freunde!

Nun bin ich ja eine durchaus fort- und weitergebildete Stationsleitung und daher mit dem einen oder anderen „Handwerkszeug“ zur erfolgreichen Bewältigung kritischer Situationen aller Art ausgerüstet. Ich habe Workshops zu Themen wie Gesprächsführung, Konfliktlösung, Supervision, Mediation, Teambildung und vertrauensbildende Maßnahmen mehr oder weniger freiwillig besucht. Ich habe Coaches aller Couleur kennengelernt und dabei festgestellt, dass es durchaus von Vorteil sein kann, wenn dieser Coach ein Krankenhaus schon mal von innen gesehen hat. Von der Kenntnis der Dynamik eines Stationsalltags ganz zu schweigen.

Zur Ehrenrettung dieser Coaching-Veranstaltungen muss ich aber feststellen, dass immer ein bisschen was bei mir hängen geblieben ist und ich danach auf das eine oder andere Thema oder Problem einen anderen Blick hatte.

Dennoch bin ich als Stationsleitung in der Hierarchieebene eher am unteren Ende und habe daher (leider) etwas eingeschränkte Möglichkeiten. Die Erwartungen der Kollegen ist hingegen oft umso höher und der Vertrauensvorschuss schnell verpufft. Es kann ein mühsames Unterfangen sein, Wünsche, Forderungen und Vorstellungen der einzelnen Mitarbeiter weiterzuleiten oder zu erfüllen. Themen wie mehr Geld oder Entwicklungsmöglichkeiten kann ich gern an meine übergeordnete Vorgesetzte weitergeben, kann durch Empfehlungen bestimmte Dinge forcieren. Aber Entscheidungen liegen oft nicht in meiner Hand.

Was ich aber machen kann, ist, im kleinen und oft persönlichen Rahmen auf die Kollegen einzugehen. Vertrauen schenken und Verantwortung übertragen. Mitarbeiter fordern und fördern. Ihnen einen guten Arbeitsalltag ermöglichen. Ordentliche Dienstpläne schreiben. Auf individuelle Befindlichkeiten achten und stets gesprächsbereit sein. Loben und anerkennen. Und: Motivation, Motivation, Motivation. Knifflig wird es, wenn es um Kritik geht. Die hört niemand gern und es macht auch nicht besonders viel Spaß Kritik anzubringen.

Wenn ich das dann alles gemacht habe, bin auch ich geschafft und habe am Ende des Tages oft den Eindruck, dass es doch nicht genug war.

Wenn es dann aber mal wirklich nicht gereicht hat und trotz aller Bemühungen keine Zufriedenheit hergestellt werden konnte und/oder das gegenseitige Vertrauen nicht mehr vorhanden oder gar zu Misstrauen geworden ist, ja, dann müssen Konsequenzen her. Die sind dann meist nicht sehr schön. Ich selbst war schon in der unguten Situation einer Kollegin sagen zu müssen, dass für eine gemeinsame Zusammenarbeit keine Basis mehr besteht und ich mit meinem Latein am Ende bin.

Als Stationsleitung kann auch ich nicht für alles und jeden eine Lösung bieten. Könnte ich das, würde ich mich nicht täglich aufs Neue in den „Kampf“ stützen. Dann wäre ich aber ein hochbezahlter Coach oder Mediator oder Supervisor!

In diesem Sinne, Ihre

Heidi Günther
hguenther@schoen-kliniken.de