Diabetologie und Stoffwechsel 2016; 11(02): 146
DOI: 10.1055/s-0036-1580194
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Referat – Günstigere HbA1c-Werte beim Einsatz von Insulinpumpen

Torben Biester
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Publication Date:
07 July 2016 (online)

Hintergrund: Pumpen zur subkutanen Insulininjektion wurden bereits vor etwa 35 Jahren erfunden, haben sich aber erst in den letzten 15 Jahren in der Pädiatrie verbreitet. Ärzte verschreiben die Geräte insbesondere wegen des positiven Effekts auf die Diabeteskontrolle. Für Kinder und Jugendliche werden Insulinpumpen seit 2007 empfohlen, allerdings in unterschiedlichen Ländern sehr verschieden eingesetzt. Sherr et al. werteten für ihre Analyse zur Verbreitung von Insulinpumpen sowie deren Effekt auf den Stoffwechsel jugendlicher Diabetespatienten Daten aus drei multizentrischen Registern aus.

Methoden: Daten über 54 410 Kinder und Jugendliche < 18 Jahre mit Typ-1-Diabetes entnahmen die Autoren dem Prospective Diabetes Follow-up-Registry (DPV, Deutschland und Österreich), dem T1D Exchange (T1DX, USA) sowie dem National Paediatric Diabetes Audit (England, Wales, NPDA) aus den Jahren 2011 und 2012. Berechnet wurde der durchschnittliche HbA1c-Wert für jeden Patienten unter Auslassung der Werte der 3 ersten Monate nach Diagnose. War in den Daten vermerkt, dass die Person innerhalb des vorangegangenen Jahres irgendwann eine Insulinpumpe verwendet hatte, galt dies als Nutzung.

Ergebnisse: Die durchschnittlichen Gesamtwerte für HbA1c lagen mit 8,9 ± 1,6 % (74 ± 17,5 mmol / mol) bei den Patienten des NPDA höher als bei denen der anderen beiden Register: Im DPV ließ sich ein Wert von 8,0 ± 1,6 % (64 ± 17,0 mmol / mol) errechnen, für den T1DX 8,3 ± 1,4 % (68 ± 15,4 mmol / mol); beide Unterschiede waren signifikant (jeweils p < 0,001). Umgekehrt nutzten im NPDA mit 14 % wesentlich weniger Kinder / Jugendliche eine Insulinpumpe als im DPV (41 %) und im T1DX (47 %) (jeweils p < 0,001). Der Einsatz einer Insulinpumpe korrelierte mit niedrigeren durchschnittlichen HbA1c-Werten, wie die Analyse gepoolter Daten ergab: Unter eine Injektionstherapie lagen die Werte bei 8,5 ± 1,7 %, mit der Pumpe bei 8,0 ± 1,2 % (p < 0,001). Dieses Ergebnis galt unabhängig von der Dauer des Diabetes mellitus (< 2 Jahre vs. längere Krankheitsdauer). Beim Gebrauch einer Insulinpumpe spielten auch soziale Parameter eine Rolle: Jungen und Kinder / Jugendliche einer ethnischen Minderheit erhielten deutlich seltener eine Insulinpumpe verschrieben.

Folgerungen: Trotz grundsätzlich ähnlicher klinischer Befunde und ähnlicher Verteilung ethnischer Minderheiten in den Registern ergaben sich deutlich unterschiedliche Stoffwechselwerte der Diabetespatienten. Dies sei angesichts der Korrelation zwischen niedrigen HbA1c-Werten und Nutzung von Insulinpumpen zumindest zum Teil eben durch die unterschiedlich starke Verbreitung der Insulinpumpen begründet, schließen die Autoren. Warum Angehörige ethnischer Minderheiten seltener eine Insulinpumpe nutzen, sollte Fragestellung weiterer Studien sein, empfehlen sie. Wichtig sei es sich klarzumachen, dass diese Studie die Entwicklung der Nutzung der Insulinpumpe in den letzten 15 Jahren widerspiegele. Da sich derzeit die Technologie in der Diabetestherapie gerade noch weiter verbessere, sei es wichtig sicherzustellen, dass auch Kinder und Jugendliche daran teilhaben könnten.

Dr. Susanne Meinrenken, Bremen