physioscience 2017; 13(03): 143-144
DOI: 10.1055/s-0035-1567221
Veranstaltungsberichte
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Clinical Research Forum: Bericht zur Ausgabe 2016 und Ausblick zur 12. Ausgabe am 4. November 2017

M. Verra
,
H. van Hedel
,
J. Swanenburg
,
R. Knols
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Publication History

Publication Date:
07 September 2017 (online)

Entwicklung von Risikostratifizierungsmodellen

Die Stiftung Physiotherapie-Wissenschaften lud am 29. Oktober 2016 nach Zürich ein ([Abb. 1]). Gemeinsam mit dem Therapie- und Forschungsteam des UniversitätsSpital Zürich (USZ) fand mittels 3 Impulsreferaten, 2 Workshops und ausführlicher Zeit für Networking eine Fachtagung unter anderem zum sehr aktuellen Thema „Entwicklung von Risikostratifizierungsmodellen“ statt. Die Risikostratifizierung dient dazu, Patienten aufgrund ihrer Risikofaktoren der für sie geeigneten Behandlung zuzuordnen. So können Hochrisikopatienten voraussichtlich besser und kosteneffektiver identifiziert und behandelt werden. Eine Verbesserung der Risikostratifizierung in der Medizin – einschließlich der Physiotherapie! – ist wünschenswert. Die Grundlagen werden in der Regel durch die statistischen Auswertungen epidemiologischer Daten ermittelt, die z. B. die Zusammenhänge zwischen bestimmten Risikofaktoren und Krankheitsverläufen untersuchen. Die Entwicklung und Testung klinisch relevanter Risikostratifizierungsmodelle und Klassifikationssystemen zur verbesserten Früherkennung, Gestaltung von untergruppenspezifischen Behandlungen und Vorhersagen von Outcome beschäftigen viele internationale Forschungsgruppen.

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Abb. 1 Referenten und Gastgeber des 11. CRF. Hintere Reihe v.l.: Martin Verra, Huub van Hedel (Organisatoren); vordere Reihe v.l.: Roger Hilfiker (Referent), Ruud Knols (Workshopleiter), Christine Meier (Gastgeberin), Jaap Swanenburg (Workshopleiter).

Prof. Dr. med. Gabriela Senti, Direktorin Forschung und Lehre am USZ, und Christine Meier, Leiterin der Physiotherapie und Ergotherapie am USZ, hießen die ca. 50 Teilnehmer des Forums herzlich willkommen.

PD Dr. med. Jacques Donzé, Leitender Arzt der Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin am Universitätsspital Bern, hielt das Eröffnungsreferat. Er entwickelte und validierte mit seinem internationalen Forschungsteam den HOSPITAL Score. Das Acronym HOSPITAL steht für Low Hemoglobin Level at Discharge, Discharge from an Oncology Service, Low Sodium Level at Discharge, Procedure during Hospital Stay, Index Admission Type: Urgent or Emergent (non-elective), Number of Hospital Admission(s) in the previous year und Length of stay ≥ 8 days. Der Score gilt als 1. Test zur sicheren Vorhersage von Wiedereinweisungen innerhalb von 30 Tagen ins Krankenhaus. Interessanterweise ist der funktionelle Status der Patienten nicht mit einer verfrühten Wiedereinweisung assoziiert.

Im 2. Inputreferat stand das „Keele STarT Back Screening Tool“ im Mittelpunkt, ein Instrument zur abgestuften Therapiezuweisung bei lumbalen Rückenschmerzen. Der Physiotherapeut Roger Hilfiker (MPT Sc), ist Dozent an der Fachhochschule HES-SO Wallis (CH) und war maßgebend an der deutschen Übersetzung und Validierung dieses Instruments beteiligt. Das Tool stellt den Patienten 9 Fragen zu Schmerzen, Auswirkungen auf ihren Lebensalltag und ihre Besorgnis. Nach dem Ergebnis werden die Patienten in 3 Risikogruppen eingeteilt. Demzufolge erhalten Patienten bei einem niedrigen Chronifizierungsrisiko neben Schmerzmitteln nur Informationsmaterial über die Erkrankung, bei mittlerem Risiko eine Standard-Physiotherapie und bei hohem Risiko werden sie an einen Physiotherapeuten mit psychologischer Zusatzausbildung überwiesen.

Einen weiteren Höhepunkt bildete der Vortrag von Dr. Bart Staal, Physiotherapeut und Epidemiologe vom Scientific Institute for Quality and Healthcare, Radboud University Medical Center und HAN University of Applied Sciences, Nijmegen (NL). Er stellte das im Moment entstehende Forschungsprojekt „Prognosis of patients post lumbar spinal fusion surgery: development of a risk stratification tool to stratify physiotherapy care“ vor. An diesem Projekt sind renommierte Universitäten und Universitätsspitäler aus Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz beteiligt.