physioscience 2017; 13(01): 46
DOI: 10.1055/s-0035-1567167
Leserbrief
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Leserbrief zu: Reichel K, Heise K.-F. Ethikkommissionen für physiotherapeutische Forschung – ein Diskurs

C. Zalpour
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Publication Date:
07 March 2017 (online)

physioscience 2016; 12: 152 – 157

Liebe Kolleginnen,

als Hochschullehrer, der das Fach Ethik (insbesondere Berufs- und Forschungsethik) seit seiner Berufung 2003 mittlerweile in verschiedenen Physiotherapie-Bachelor- und Master-Programmen vertritt, habe ich den oben genannten Artikel zur Bedeutung einer physiotherapeutischen Forschungsethik aufmerksam gelesen und wohlwollend zur Kenntnis genommen. Allerdings lege ich Wert auf die Feststellung, dass die im Artikel genannte Tab. 1 unvollständig ist, da sie die mehrjährige Arbeit der Ethikkommission der Osnabrücker Hochschule (gegründet 2014; s. a. www.hs-osnabrueck.de/de/forschung/forschungsprofil/forschung-und-ethik/) unerwähnt lässt.

Die Osnabrücker Erfahrungen möchte ich gerne kurz berichten: Das Dilemma, einerseits ethisch angemessen forschen zu wollen, andererseits aber nicht immer Zugang zu einer für Physiotherapie-Forschung offenen Ethikkommission zu haben, ist in Ihrem Artikel eindrucksvoll beschrieben und auch uns in Osnabrück wohlbekannt. Nicht nur deshalb haben wir uns – als Hochschule mit einem nicht unerheblichen Drittmittelaufkommen (von 2005 bis dato > 2,3 Millionen Euro alleine für Physiotherapie-Forschung kompetitiv eingeworben) und gegenwärtig 5 aktiv forschenden Physiotherapie-Professoren – frühzeitig mit dem Thema befasst.

In früheren Jahren haben wir physiotherapeutische Forschungsvorhaben der Ethikkommission der Universität Osnabrück vorgelegt und diese dort beurteilen lassen. Nach 10-monatiger intensiver Vorarbeit ist es schließlich 2014 gelungen, die Ethikkommission der Hochschule Osnabrück zu gründen, in der Wissenschaftler aus den Gesundheits- und Therapiewissenschaften ebenso wie aus Medizin, Theologie, Jura, Ingenieurswissenschaft und Informationstechnologie vertreten sind. Als interessanter Nebeneffekt ist aus der Hilfe der Universität Osnabrück eine systematisierte Kooperation der beiden Hochschulen als Gesundheitscampus Osnabrück erwachsen, die es nun auch erlaubt, im Fach Physiotherapie zu promovieren. Eine Beschränkung auf bestimmte Forschungsmethoden ist nicht vorhanden und selbstverständlich werden Anträge mit eher qualitativer Ausrichtung ebenso berücksichtigt wie solche, die ein quantitatives Vorgehen fokussieren.

Die Kommission prüft Forschungsanträge insbesondere nach den Vorgaben der aktuellen Helsinki-Deklaration, sowohl für drittmittelrelevante Anträge wie auch für experimentelle Forschungsvorhaben unter Anleitung einer Professorin oder eines Professors, wie sie beispielsweise als Grundlage für physiotherapeutische Abschlussarbeiten auf Bachelor- oder Master-Niveau angefertigt werden. Gleiches gilt für Promotionsprojekte, die gleichermaßen der Ethikkommission der Universität oder der Hochschule Osnabrück vorgelegt werden. Allein im Bereich der Physiotherapie-Forschung wurden so seit Bestehen der Kommission an die 100 Anträge bearbeitet. Dieses Volumen und die damit verbundene (ehrenamtliche) Arbeit macht vielleicht deutlich, warum wir bisher ausschließlich Anträge von Mitgliedern der eigenen Hochschule akzeptieren konnten.

Für den weiteren Diskurs über Ethik in der Physiotherapie stehe ich jederzeit gerne bereit.