Laryngorhinootologie 2014; 93(11): 785-786
DOI: 10.1055/s-0034-1382059
Der interessante Fall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ein ungewöhnlicher Fall von Spätmetastasen

An Unusual Case of Late Metastases
N. Froboese
1   Universitätsklinik für Hals-­Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Universitätsklinikum Ulm
,
J. Veit
1   Universitätsklinik für Hals-­Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Universitätsklinikum Ulm
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Publication Date:
04 November 2014 (online)

Kasuistik

Wir berichten von einem 53-jährigen, männlichen Patienten, der sich 2004 ­erstmals mit zunehmender Nasenatmungsbehinderung und rezidivierender Epistaxis vorstellte. Bei der endoskopischen Untersuchung der Nase zeigten sich beidseits im mittleren Nasengang blutig tingierte, polypöse Schleimhautveränderungen.

Eine Biopsie ergab histologisch und immunhistochemisch ein Olfaktoriusneuroblastom.

Im Rahmen des Stagings wurde eine Computertomografie ([Abb. 1]) und ein Kernspintomogramm des Schädels durchgeführt. Hier zeigte sich ein Tumorstadium Kadish Typ C des Olfaktoriusneuroblastoms mit Infiltrationen der ossären Strukturen der Frontobasis sowie der Dura ([Abb. 1]). Das übrige Staging mit Röntgen-Thorax, einer Abdomen- und Hals-Sonografie ergab keinen Nachweis auf Metastasierung.

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Abb. 1 Axiales Schädel-CT des Primarius 2004: ausgedehnte unscharf-begrenzte Raumforderung im Bereich der Cc. ethmoidales bds. mit Infiltration der Frontobasis und Dura.

Nach Vorstellung im Tumorboard erfolgte eine radikale subfrontale Tumorresektion mit Duraplastik interdisziplinär durch HNO- und Neurochirurgie. Adjuvant ­wurde bei einer Resektion mit einem Absetzungsrand <5 mm eine fraktionierte perkutane Radiatio mit 60 Gy in intensitätsmodulierter Technik (IMRT) durchgeführt. Immunhistochemisch bestätigte sich die Diagnose eines Olfaktoriusneuroblastoms, mit starker Expression von Synaptophysin, Chromogranin A und SCLC. Der Tumor war negativ für Vimentin und Zytokeratin 20.

Etwa 5–10% der Tumorzellen waren positiv für den Proliferationsmarker MIB1, was für eine geringe bis mäßige Proliferationsrate spricht ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Immunhistochemische Färbung (Ki67) des Primärtumors bei der initialen Operation zeigt eine Proliferationsrate von 5–10%.

Die onkologische Nachsorge war mit regelmäßiger MRT-Bildgebung, Sonografie des Halses und Nasenendoskopien 7 Jahre lang unauffällig. Im Jahr 2012 wurde bei sonografisch suspekten Halslymphknoten mit einer Grobnadelpunktion eine Spätmetastase zervikal rechts gesichert ([Abb. 3]).

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Abb. 3 MRT Kopf/Hals 2012 (T1 axial): Es zeigen sich rechts zervikal 2 Lymphknoten-Metastasen in der Regio II.

Fernmetastasen konnten durch eine Oberbauchsonografie und eine Röntgenaufnahme des Thorax ausgeschlossen werden und es bestand auch keinerlei Anhalt für ein Lokalrezidiv.

Da sich jedoch im MRT des Halses auch linksseitig größenprogrediente zervikale Lymphknoten zeigten, wurde nach Tumorboardbeschluss eine selektive Neck-dissektion beidseits Level I–IV durchgeführt.

Histologisch bestätigten sich rechtsseitig 10/20 und links 0/23 Lymphknotenmetas­tasen des vorbekannten Tumors. Interessanterweise lag die Proliferationsrate (Ki67) nun bei 25% statt bei ursprünglich 5–10%. Eine fraktionierte Radiatio der zervikalen Lymphabflussgebiete wurde postoperativ in IMRT-Technik mit einer Gesamtdosis von 54/60 Gy durchgeführt. Die weitere onkologische Nachsorge über 12 Monate ergab bislang eine komplette Remission.