Z Sex Forsch 2014; 27(2): 150-160
DOI: 10.1055/s-0034-1366587
Debatte
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Indikationsbereich des Hamburger Modells der Sexualtherapie

Eine kritische Analyse
Reinhard Maß
a   Zentrum für Seelische Gesundheit Marienheide
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Publication Date:
17 June 2014 (online)

Übersicht

Die vorliegende Arbeit ist eine kritische Übersicht, in der die Entwicklung des „Hamburger Modells“ der Sexualtherapie und seine Anwendung beschrieben werden. Ein Schwerpunkt wird dabei auf die Prüfung der Indikation des Modells für sexuelle Lustlosigkeit gelegt. Es wird gezeigt, dass die Diagnose sexuelle Lustlosigkeit weder bei dem ursprünglichen Programm von Masters und Johnson noch bei der Entwicklung des Hamburger Modells eine Rolle spielte; in Hamburg wurden ausschließlich Patientinnen mit Erregungs- und/oder Orgasmusstörung oder Vaginismus und Patienten mit Erektionsstörung oder Ejaculatio praecox in die Behandlung eingeschlossen. Der Indikationsbereich des Hamburger Modells wurde erst nachträglich auf die Lustlosigkeit ausgedehnt, ohne dass es dafür eine empirische Grundlage gab. Aktuelle Auswertungen der Ergebnisse von Paartherapien (Intensivtherapie, d. h. drei Wochen lang täglich eine Sitzung) weisen darauf hin, dass die Effekte des Hamburger Modells bei Lustlosigkeit von Frauen sehr viel schlechter als bei Vaginismus sind. Eine Überarbeitung des Hamburger Modells und empirische Studien zu dessen Evaluation erscheinen notwendig.