neuroreha 2013; 05(04): 148-150
DOI: 10.1055/s-0033-1363031
Aktuelles aus der Forschung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Internationale Studienergebnisse

Jan Mehrholz
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Publication Date:
04 December 2013 (online)

Semantische Zuständigkeiten

Was beim Feintuning der Aufmerksamkeit im Gehirn geschieht

Bislang ist nur sehr wenig bekannt über die Dynamik kortikaler Veränderungen bei sensorischer Informationsverarbeitung. Wenn wir einen ganz bestimmten Gegenstand oder eine spezielle Person in einer Menschenmenge suchen, entwickeln wir eine Art Suchraster und kundschaften die Umgebung systematisch nach dem gesuchten Objekt bzw. der Person aus. Dabei ist es wichtig, irrelevante Objekte und Personen zu ignorieren. Man konzentriert sich darauf, trotz ablenkender Formen, Farben und Strukturen exakt die zu finden, die dem gesuchten Objekt/der Person entsprechen. Nun beschreiben diese Abläufe im Gehirn erstmals Tolga Cukur und Mitarbeiter aus den USA genauer mit einer semantischen Karte der Zuständigkeiten.

Die Forscher nutzten funktionelle MRT-Aufnahmen, um semantische Zuständigkeiten im Gehirn beim Fokussieren der Aufmerksamkeit beim visuellen Suchen von Objekten in Naturfilmen festzustellen. Fünf Probanden schauten sich eine Stunde lang Naturdokumentationen an. Die Probanden sollten sich entweder den Film nur anschauen oder bei bestimmten im Film erscheinenden Objekten (ein Mensch oder ein Auto) eine Taste betätigen.

Sie fanden, dass einige Bereiche des okzipitotemporalen und frontoparietalen Kortex am Feintuning beteiligt waren. Eine Verschiebung der Aufmerksamkeitszugehörigkeit entstand insbesondere, wenn der untersuchte Gegenstand nicht zu finden war. Dabei waren weite Teile des Gehirns beteiligt; auch zuvor eigentlich nicht „zuständige“ Hirnareale wurden hinzugeschaltet. Wahrscheinlich ist es erst durch eine solche neue Aufgabenverteilung von Hirnzellverbänden möglich, für die Suche irrelevante Details effektiv auszublenden.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Aufmerksamkeit und Zuständigkeit sich dynamisch bei visueller Aufgabenstellung in vielen Bereichen des Gehirns verschieben, um relevante visuelle Merkmale optimal zu erkennen. jm

Nat Neurosci 2013; 21. April 2013 (online first)