Via medici 2013; 18(02): 12-13
DOI: 10.1055/s-0033-1343595
akut
© Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York

Der kleine Steuermann


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Publication Date:
04 April 2013 (online)

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Toxoplasma gondii in ca. 50.000facher Vergrößerung. Der Einzeller ist eng mit dem Malariaerreger Plasmodium falciparum verwandt. Er kann lebenslang im Gewebe überdauern - meist in seiner typisch halbmondähnlichen intrazellulären Form als Trophozoit.
Bild: Rainer Ekkert

Dieser Erreger ist ein besonders hinterhältiger Geselle. Für Schwangere zählt Toxoplasma gondii zu den gefährlichsten Keimen, da ein Infekt für das Baby tödlich sein kann. Noch unsympathischer ist aber eine andere Eigenschaft: Infiziert der intrazelluläre Parasit eine Maus, kann er deren Angstzentrum so dämpfen, dass sie den Respekt vor Katzen verliert. Dadurch kommt er schneller im Darm des Endwirts an, wo er sich sexuell vermehrt. Forscher rätseln schon lange: Wie macht der Einzeller das? Schwedische Mikrobiologen haben jetzt die Antwort gefunden: Toxoplasma wird wie jeder eindringende Erreger von Makrophagen verschluckt. Verdaut wird er dort aber nicht - er dreht den Spieß um! Er „hijacked“ die dendritischen Fresszellen, lebt und vermehrt sich in ihnen - und motiviert sie, sich „hypermobil“ zu verhalten. So kommt der Parasit rasch überall hin im Körper - auch ins Gehirn. Das schafft er, indem er in der Wirtszelle einige Gene anschaltet, u. a. eines, das für den Neurotransmitter GABA kodiert. Diese Substanz hat zwei Effekte: Intrazellulär wirkt sie aktivierend, der Makrophage wird hyperaktiv und wandert (u.a.) ins Gehirn. Dort wiederum hemmt GABA dann die Areale, die für Furcht und Angst zuständig sind. Die infizierte Maus fühlt sich also plötzlich ganz mutig, die Katze schnappt zu - und Toxoplasma ist am Ziel. Beunruhigend: Die Autoren halten es für möglich, dass Toxoplasma in unserem Körper ähnliche pathophysiologische Vorgänge auslösen kann. Ungefähr 25% der Weltbevölkerung ist chronisch mit dem Keim infiziert.

PLoS Pathog. 2012; 8: doi: 10.1371/journal.ppat.1003051