Zeitschrift für Palliativmedizin 2013; 14(04): 180-184
DOI: 10.1055/s-0033-1343250
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht bei Patienten mit erhöhtem Schlaganfallrisiko

Erfahrungen in einer neurovaskulären AmbulanzAdvance Care Planning in Patients at Risk for StrokeExperience from a Neurovascular Outpatient Department
K. Pfadenhauer
1   Neurologische Klinik, Klinikum Augsburg
,
G. Kellner
2   Haus Tobias, Bildungs- und Begegnungszentrum der Klinikseelsorge Augsburg
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Publication Date:
15 July 2013 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Patientenverfügung (PV) und Vorsorgevollmacht (VV) sind für Patienten mit erhöhtem Schlaganfallrisiko von besonderer Bedeutung, da Schlaganfälle plötzlich zu einem Verlust der Selbstbestimmungs- und Kommunikationsfähigkeit und lebenslanger Pflegebedürftigkeit führen können.

Zielsetzung: Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es festzustellen, wie der Kenntnisstand und das Interesse bezüglich des Themas Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht in einer Gruppe von Patienten mit klar erkennbar erhöhtem Schlaganfallrisiko einzuschätzen ist und wie hoch die Rate vorliegender PV und VV ist.

Patienten und Methodik: Wir führten eine Beobachtungsstudie mit einem Fragebogen an 100 Patienten mit erhöhtem Schlaganfallrisiko und 20 Bezugspersonen (Alter median 70 J., 27/100 Patienten und 12/20 Angehörigen weiblich) durch, die sich in einer neurovaskulären Krankenhausambulanz vorstellten.

Ergebnisse: Das Interesse am Thema PV und VV in der älteren Bevölkerung mit erhöhtem Schlaganfallrisiko ist vorhanden: Die Mehrheit der Befragten (61 % der Patienten und 70 % der Bezugspersonen) hat versucht sich weitere Informationen dazu zu beschaffen und hatte im Anschluss an die Beantwortung des Fragebogens weitere Fragen. In keinem Fall wurde die Befragung abgelehnt. PV und VV waren bei 31 % der Patienten und 40 % der Bezugspersonen verfügbar. Kenntnisse bezüglich PV und VV, Schwere der Schlaganfallfolgen und Möglichkeit einer palliativen Therapie lagen bei 88 %, 100 % und 54 % der Patienten und 95 %, 100 % und 60 % der Bezugspersonen vor. 80 % der Patienten und alle Bezugspersonen glaubten, dass eine PV im Erkrankungsfall als bindend angesehen wird.

Schlussfolgerung: Das Interesse am Thema PV und VV in der älteren Bevölkerung ist evident. Die Möglichkeiten, die eine PV und VV bieten, sollten mit allen Patienten erörtert werden, bei denen ein erhöhtes Schlaganfallrisiko festgestellt wird.

Abstract

Background: Advance directives (AD) and health care proxies (HCP) are of particular importance to patients at risk for stroke because stroke may result in a sudden inability to decision making, planning, communicating and persisting severe disability leading to lifelong dependency.

Aims of the study: To find out more about interest in and knowledge concerning the process of AD and HCP, the severity of stroke sequelae, palliative care and opinions regarding the legal meaning of AD/HCP in a cohort of elderly patients at risk for stroke.

Patients and methods: We conducted an observational study using a questionnaire in 100 patients with a known increased risk for stroke and 20 proxies (median age 70 yrs, 73/100 patients and 8/20 proxies male) seeking advice in a hospital-based neurovascular ambulance.

Results: Interest in AD/HCP is evident in the elderly population at risk for stroke: The majority of the study population tried to get more information on AD/HCP and had further questions subsequent to answering the questionnaire. No patient or proxy refused to answer the questionnaire. AD/HCP and identification of an agent were available in 31 % of patients and 40 % of proxies. Knowledge about the process of AD/HCP, the severity of stroke sequelae and palliative care was available in 88 %, 100 % and 54 % of patients and 95 %, 100 % and 60 % of proxies. AD/HCP were considered legally compulsive by 80 % of patients and by all proxies.

Conclusions: Interest in AD/HCP is evident in the elderly population and should be discussed with patients once an increased risk for stroke has been identified.

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