Laryngorhinootologie 2012; 91(10): 646-647
DOI: 10.1055/s-0032-1328950
Gutachten + Recht
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BSG untersagt externe Kooperationen bei ambulanten Operationen

Ambulante Operationen im Krankenhaus nur durch Krankenhausärzte oder Belegärzte – Auswirkungen der Entscheidung auf stationäre Kooperationen unklar
A. Wienke
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Publication Date:
25 September 2012 (online)

Mit deutlichen Worten hat das Bundessozialgericht (BSG) Kooperationen zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten als externe Honorarärzte bei ambulanten Operationen für unzulässig erklärt. Aus den rechtlichen Grundlagen in § 115 b SGB V und dem AOP-Vertrag ergebe sich ganz eindeutig, dass ambulante Operationen im Krankenhaus nur von am Krankenhaus angestellten oder von Belegärzten durchgeführt werden dürften. Demgegenüber sei weder dem Gesetz noch dem dreiseitigen Vertrag zum ambulanten Operieren zu entnehmen, dass ambulante Operationen im Krankenhaus auch durch niedergelassene Ärzte erbracht werden könnten, die nicht am Krankenhaus angestellt seinen oder nicht über eine belegärztliche Zulassung verfügten. Damit sind alle zwischen Krankenhausträgern und niedergelassenen Ärzten abgeschlossenen Kooperationsverträge, welche die strengen Anforderungen der am Montag veröffentlichten Entscheidungsgründe des BSG nicht berücksichtigen, unzulässig. Vertragsanpassungen sind daher dringend geboten.

Angesichts der anhaltenden schlechten Honorarsituation für die niedergelassenen Ärzte hatten sich die Diskussionen um mögliche Kooperationen mit stationären Versorgungseinrichtungen in jüngster Zeit erheblich ausgeweitet. Auch die Krankenhäuser vermelden mehr und mehr den Bedarf, mit niedergelassenen Ärzten engere Kooperationen einzugehen, um Personalengpässe zu überbrücken oder eine optimale Versorgung der zuvor stationär behandelten Patienten im Rahmen der ambulanten Nachsorge zu gewährleisten. Der Gesetzgeber hat mit verschiedenen Neuregelungen des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes auf diese Entwicklungen reagiert. Diese gesetzlichen Kooperationsmöglichkeiten sind aber längst nicht ausreichend, um die Erfordernisse der Praxis in einer rechtlich einwandfreien Weise zu gewährleisten. Die Rechtsprechung hat zu bestehenden Kooperationen bisher mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen Stellung genommen. Das BSG hat nun für den Bereich der ambulanten Operationen ein Machtwort gesprochen:

In seiner Entscheidung hat das BSG unter Auseinandersetzung mit allen in diesem Zusammenhang bisher vertretenen Rechtsauffassungen klipp und klar aufgezeigt, dass die Hinzuziehung niedergelassener Chirurgen bei der Durchführung ambulanter Operationen im Krankenhaus unzulässig ist. Der maßgebliche Vertrag zum ambulanten Operieren sehe nämlich vor, dass solche ambulanten Operationen ausschließlich durch beim Krankenhaus angestellte Ärzte bzw. Belegärzte des Krankenhauses erbracht werden dürften. Die Durchführung solcher Leistungen durch externe, niedergelassene Vertragsärzte als Honorarärzte sei unzulässig. Dies gelte im Übrigen auch bei Anwendung der aktuellen Fassung des AOP-Vertrages.

Mit dieser Entscheidung ist die Honorararzttätigkeit niedergelassener Ärzte für Krankenhäuser im Rahmen ambulanter Operationen nach geltender Rechtslage nicht mehr möglich. Es verbleibt allein die rechtlich zulässige Gestaltungsform, dass sich niedergelassene Ärzte in Teilzeit mit maximal 13 Stunden pro Woche bei Vollzulassung (26 Stunden pro Woche bei halbem Versorgungsauftrag) beim jeweiligen Krankenhausträger anstellen lassen, um als angestellte Ärzte des jeweiligen Krankenhauses Krankenhausleistungen, also auch ambulante Operationen, durchzuführen. Als einzige Alternative steht daneben die Durchführung ambulanter Operationen als Belegarzt des Krankenhauses zur Verfügung.

Kooperationsverträge, welche die Anforderungen des BSG nicht erfüllen, sollten daher unverzüglich umgestaltet werden. Insbesondere bietet es sich an, mit den niedergelassenen Ärzten als Kooperationspartner Teilzeit-Anstellungsverträge abzuschließen.

Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob von niedergelassenen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten stationäre Leistungen im Krankenhaus in Form von Honorararztmodellen durchgeführt werden dürfen. Auch hier sieht der Gesetzgeber an sich nur die Möglichkeit vor, solche Leistungen durch externe Ärzte als belegärztliche Leistungen durchzuführen oder stationäre Leistungen von niedergelassenen Ärzten im Rahmen der Teilzeitanstellung nach § 20 Abs. 2 der Ärzte-Zulassungsverordnung erbringen zu lassen.

In seinem Urteil vom 23.03.2011 musste sich das BSG mit dieser Frage nicht befassen. Aus den Entscheidungsgründen lässt sich jedoch die Tendenz ableiten, dass das BSG auch bei der Erbringung stationärer Leistungen durch niedergelassene Ärzte einen ähnlich strengen Maßstab anlegen würde. Der Umstand nämlich – so das BSG ausdrücklich –, dass die Leistungserbringung des Krankenhauses grundsätzlich durch dessen eigenes Personal erfolgen solle, entspreche dem Ziel der Qualitätssicherung; denn bei eigenem Personal, das in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses eingebunden sei, könne am ehesten davon ausgegangen werden, dass dieses nach dem Maßstab höchstmöglicher Qualifikation ausgewählt, angeleitet und überwacht werde. Auch der Gesichtspunkt der Transparenz der Leistungserbringung aus der Perspektive des Patienten spreche für diese Sicht. Entscheide sich der Patient dafür, eine ambulante Operation im Krankenhaus und nicht in einer ambulanten Vertragsarztpraxis durchführen zu lassen, so dürfe er typischerweise die Erwartung haben, von einem Arzt des Krankenhauses operiert zu werden, der dort fest angestellt und an der stationären Versorgung beteiligt sei. Schließlich entspreche es auch dem gesetzlichen Regelfall, dass Krankenhausträger mit eigenem Personal arbeiteten. § 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V erwarte von zugelassenen Krankenhäusern, dass sie „jederzeit verfügbares“ Personal vorhielten; hierzu seinen niedergelassene Vertragsärzte, die nicht beim Krankenhaus angestellt seien, nicht zu zählen. Auch im Falle stationärer Kooperationen ist es daher ratsam, Teilzeit-Anstellungsverträge mit niedergelassenen Ärzten abzuschließen.

(Bundessozialgericht, Urteil vom 23.03.2011 – B 6 KA 11/10 R –)