neuroreha 2012; 4(03): 99
DOI: 10.1055/s-0032-1326899
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Von der Perzeption her hatte ich eine gute Wahrnehmung“

Klaus Starrost
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Publication Date:
13 December 2012 (online)

„Von der Wahrnehmung her hat der Patient irgendwie noch Defizite.“ Jeder Therapeut, der in der Neurologie arbeitet, hat diesen Satz schon einmal gehört oder selbst benutzt. Er zeigt, dass viele Therapeuten die Wahrnehmung für ein relevantes Thema in der neurologischen Rehabilitation halten. Er zeigt jedoch auch, dass man den Begriff „Wahrnehmung“ zuweilen recht undifferenziert verwendet. Damit eine solche Aussage zur interdisziplinären Kommunikation hilfreich ist, sollten unter anderem folgende Fragen geklärt werden: Welche Form der Wahrnehmung ist gemeint? Wie stark ist die Einschränkung und wie wurde sie quantifiziert?

Um die Relevanz von Wahrnehmungsstörungen für die sensomotorische Rehabilitation richtig einschätzen zu können, dürften des Weiteren die Antworten auf nachstehende Fragen interessant sein: Wie beeinflussen Wahrnehmungsstörungen die Alltagsfähigkeiten von Patienten? In welchem Ausmaß sind Wahrnehmungsstörungen trainierbar und ist der Aufwand hinsichtlich des zu erwartenden Outcomes gerechtfertigt? Steigern sich zum Beispiel motorische Leistungen automatisch, wenn Patienten die sensible Wahrnehmung trainieren? Und wenn ja, wie stark?

Auch wenn es noch nicht in allen Bereichen erschöpfende und wissenschaftlich gut fundierte Antworten auf diese Fragen gibt, ist die Beschäftigung mit dem Thema sinnvoll und spannend – die Beiträge dieser Ausgabe mit dem Schwerpunkt „Wahrnehmung“ liefern den Lesern einen sehr guten Einstieg.

Die beiden Beiträge von Wolfgang Fries geben einen sehr schönen Überblick über die Formen der Wahrnehmung, über ihre Grenzen und Möglichkeiten zur Verzerrung, über physiologische Grundlagen und den Unterschied zwischen bewusster und unbewusster Wahrnehmung. Sowohl der Schwerpunktartikel von Max Pause als auch der Praxisartikel „Assessments und Behandlungsansätze bei Sensibilitätsstörungen – vom Schattendasein zum Übungsprogramm“ beschäftigen sich mit einem Teilbereich der Wahrnehmung, nämlich mit Störungen des somatosensiblen Empfindens. Sie veranschaulichen die Auswirkung von Läsionen unterschiedlicher Lokalisation auf taktile Störungen, legen grundlegende therapeutische Prinzipien dar, geben einen Überblick über Assessments und die aktuelle Studienlage und erläutern einzelne Behandlungsansätze.

Vervollständigt wird diese Ausgabe durch den mutigen Patientenbericht eines musikalischen Familienvaters. Dieser stellt sehr anschaulich dar, welche teilweise gravierenden Konsequenzen eine Sensibilitätsstörung in Alltag, Hobby und Beruf nach sich ziehen und wie sich der Verlauf einer Sensibilitätsstörung nach einem Schlaganfall darstellen kann.

Gerade im Bereich der Sensibilität finden derzeit weltweit umfangreiche Forschungsaktivitäten statt. Es wird beispielsweise untersucht, wie mechanische und elektrische Stimulation den Erholungsprozess beeinflussen können. Hier dürfen wir in Zukunft sicher noch einige Neuerungen hinsichtlich der Therapiemethoden und Therapiegeräte erwarten.

Auch im Namen der Herausgeber wünsche ich den Lesern nun inspirierende Unterhaltung bei der Lektüre der Beiträge. Wir hoffen, dass Sie sowohl Ihr theoretisches Wissen erweitern wie auch Anregungen für die Praxis finden.

Herzliche Grüße

Klaus Starrost

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