tk 2013; 9(01): 24-25
DOI: 10.1055/s-0032-1323608
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Die Zecke - das gefährlichste Tier Deutschlands – Vektoren-übertragene Erkrankungen weiter auf dem Vormarsch

Brigitte Funk

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Publication Date:
28 February 2013 (online)

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(© Bayer Vital GmbH)

Auf dem 1. Süddeutschen Zeckenkongress im letzten Jahr stuften Forscher die Zecke als „das gefährlichste Tier Deutschlands“ ein - ein Urteil, das aufhorchen lässt, schließlich wird dieser Parasit nach wie vor unterschätzt. Mit Beginn der Freiluftsaison werden die blutsaugenden Parasiten zum potentiellen Gesundheitsrisiko für Tier und Mensch, denn sie können gefährliche Krankheitserreger übertragen. Und dies nicht nur in immer größeren Teilen unserer heimischen Wälder und Auen, sondern mittlerweile auch in den Stadtparks von Großstädten. Diese bieten als teilweise abgegrenzte Ökosysteme Zecken und den zeckenübertragenen Krankheitserregern einen passenden Lebensraum. Darüber hinaus geraten immer neue durch Zecken übertragene Erkrankungen (sog. Vector-Borne Diseases, VBD) in den Fokus der Wissenschaft.

In Deutschland sind knapp 20 der weltweit rund 800 Arten heimisch. Je nach Art besetzen sie unterschiedliche Biotope, wobei sie im Allgemeinen warme Temperaturen bevorzugen und Trockenheit meiden. Demnach sind Zecken (von der wichtigen Auwaldzecke abgesehen) in Deutschland im Frühling und dann wieder im Herbst besonders aktiv. Als Faustregel gilt, dass unsere einheimischen Zecken oberhalb 8 °C aktiv werden: Für den Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) müssen zwar eher zweistellige Tagestemperaturen herrschen, die regional ebenfalls häufig vorkommende Bunt- oder Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus) allerdings kann auch schon bei geringen einstelligen Plusgraden aktiv sein, sofern kein Schnee liegt. In den warmen Wintern der letzten Jahre wurden an milden Tagen daher auch aktive Zecken beobachtet.

Sie finden sich in freier Natur vor allem auf naturbelassenen Wiesen und auf Sträuchern, im Unterholz von Waldgebieten und oft auch in Feuchtgebieten nahe Gewässern. Daher haben Zecken im Zuge der Rekultivierung von Landschaften und der Einrichtung von Naturschutzgebieten viele neue Siedlungsplätze gefunden. Die Vermehrung der Wildtiere in den letzten Jahren hat den Zecken zudem ein „reiches Nahrungsangebot“ beschert. Untersuchungen aus dem letzten Jahr in verschiedenen Städten haben zudem ergeben, dass Zecken auch in Stadtparks auf dem Vormarsch sind [[1], [2], [4], [5]].

Blutsaugende Parasiten wie die Zecken sind vor Allem beim Hund insbesondere wegen ihres Potenzials zur Übertragung von Krankheitserregern und den dadurch hervorgerufenen Infektionserkrankungen ein Problem.

Für Hunde sind der Gemeine Holzbock und die Bunt- oder Auwaldzecke am gefährlichsten. Die Auwaldzecke überträgt die Erreger der gefürchteten und potenziell tödlichen Babesiose. Der gemeine Holzbock ist bekannt für die durch ihn übertragenen Borrelien, die beim Hund wie auch beim Menschen zur Borreliose führen können. Außderdem ist diese, in Deutschland weit verbreitete Zeckenart für die Übertragung der FSME-Viren verantwortlich, die beim Menschen dramatische Folgen haben können. Für den Hund spielen darüber hinaus Anaplasmen und möglicherweise auch Rickettsien eine Rolle. Gerade beim Gemeinen Holzbock werden immer mehr Pathogene gefunden (Tab. 1).

Tab. 1

Zecken - Vektoren für verschiedene Pathogene in Deutschland.

Zecke

Pathogene

Erkrankung

Symptomatik

Gemeiner Holzbock (Ixodes ricinus)

Anaplasma phagozytophilum (Rickettsiales, Bakterien)

Granulozytäre Anaplasmose (auch der Mensch kann erkranken)

Bei Hunden:
Symptome: Fieber, Lethargie, Gewichtsverlust, Durchfall, Erbrechen, selten Blutungen und Lahmheit
Bei Katzen:
Symptome: Apathie, Appetitlosigkeit, Fieber, geschwollene Lymphknoten, Blutarmut, Anaplasma-Infektionen eher selten

Gemeiner Holzbock (Ixodes ricinus)

Borrelia spp. z. B. Borrelia burgdorferi sensu lato (Bakterien)

Borreliose z. B. Lyme-Borreliose (auch der Mensch kann erkranken)

Bei Hunden:
Symptome: Gelenkentzündungen, Lahmheiten, Fieber, Appetitlosigkeit, Lethargie
Bei Katzen:
Klinische und epidemiologische Bedeutung unklar

Gemeiner Holzbock (Ixodes ricinus) vermuteter Überträger

Bartonella spp. (Bakterien)

Bartonellose (auch der Mensch kann erkranken)

Bei Hunden:
Bisher wenig bekannt
Bei Katzen:
Meist asymptomatisch: potenziell chronische Bakteriämie
Bei immunsupprimierten Katzen:
Symptome: Fieber, geschwollene Lymphknoten, Entzündungen von Zahnfleisch, Augen und Herzinnenhaut möglich

Bunt- oder Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus)

Babesia canis (nicht-bakterieller Einzeller)

Babesiose („Hunde-Malaria“) (auch der Mensch kann erkranken)

Bei Hunden:
Symptome: Fieber, Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, dunkler Urin, Gelbsucht
Bei Katzen:
Aus Europa bisher wenig bekannt

Katzen sind aus bisher noch nicht geklärter Ursache anders von Zecken bedroht als der Hund. Für sie ist aber dann vor allem die sogenannte Igelzecke (Ixodes hexagonus) gefährlich. Diese dem Holzbock eng verwandte Zecke ist an ihrem weißen Hinterleib zu erkennen. Hinsichtlich der Krankheiten bei Katzen gibt es bisher wenig gesicherte Erkenntnisse. Aber auf Erregerseite wurden Anaplasmen, Rickettsien, Bartonellen und Mykoplasmen gefunden. Möglicherweise wird auch die gefürchtete Katzenkratzkrankheit durch Zecken übertragen. Und ein ebensolcher Verdacht besteht im Hinblick auf die Toxoplasmen [[3]].

 
  • Quellen

  • 1 Janacek E et al. Prävalenz von Bartonella spp. in Ixodes ricinus im Stadtgebiet Hannover, Tagung der DVG - Fachgruppe Parasitologie und parasitäre Krankheiten 2012.
  • 2 May K et al. Prävalenz von Borrelia burgdorferi., Anaplasma phagozytophilum und Rickettsia spp. in Zecken aus dem Stadtgebiet Hamburg, Tagung der DVG - Fachgruppe Parasitologie und parasitäre Krankheiten 2012.
  • 3 Naucke T. Zecken, Forscher finden in den hiesigen Zecken immer neue Erreger, Interview in tiere life, Ausgabe Sommer 2012.
  • 4 Schreiber et al. Zeckenübertragene Infektionserreger bei Hunden im Raum Berlin/Brandenburg: Prävalenzen und Untersuchungen zum Infektionsrisiko, Tagung der DVG - Fachgruppe Parasitologie und parasitäre Krankheiten 2012.
  • 5 Tappe J et al. Prävalenz von Borrelia spp., Rickettsia spp. und Anaplasma phagozytophilum in Ixodes ricinus im Stadtgebiet Hannover (Poster), Tagung der DVG - Fachgruppe Parasitologie und parasitäre Krankheiten 2012.