Neuroradiologie Scan 2012; 02(04): 244
DOI: 10.1055/s-0032-1310307
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Charakteristika von atypischen Epidermoidzysten

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Publication Date:
01 October 2012 (online)

1 % aller Gehirntumoren sind Epidermoidzysten. Die gutartigen Tumoren fallen oft lebenslang nicht auf, können sich aber auch mit den unterschiedlichsten neurologischen Symptomen manifestieren. In der MRT finden sich typische Befunde (lange T1 – und T2-gewichtete Signale). Zur exakten Abgrenzung von z. B. Arachnoidalzysten werden oftmals zusätzlich FLAIR-Sequenzen oder MRT mit Diffusionswichtung ergänzt. Einblutungen sind kein typischer Befund, wurden aber bei atypischen Epidermoidzysten häufiger beschrieben. X. Ren et al. analysierten nun ihre klinischen und radiologischen Besonderheiten.

Atypische Epidermoidzysten kamen bei insgesamt 428 Erkrankten mit einer Inzidenz von 5,6 % vor. 12 Männer und 12 Frauen waren durchschnittlich 38,3 Jahre alt. Die Erkrankung war unterschiedlich lange bekannt (2 Wochen bis 10 Jahre). 16 Patienten beklagten Schwindel und Kopfschmerzen, 6 hatten Facialislähmungen oder eine Gesichtstaubheit und 4 eine Ataxie. Selten waren Krampfanfälle, Ptosen, Extremitätentaubheiten und Trigeminusneuralgien. Fehldiganosen kamen häufig vor. Bei 58,3 % der Patienten waren zunächst Dermoidzysten, Teratome, Schwannome, Gliome, Kraniopharyngeome und kavernöse Hämangiome vermutet worden. 16 Epidermoidzysten lagen im Kleinhirnbrückenwinkel und/oder sellär/parasellär. Die übrigen waren im Temporallappen, Parietallappen, der Parafalx und dem Kleinhirnwurm lokalisiert und waren 2 bis 7 cm groß. Von allen soziodemografischen, klinischen und operativen Kriterien korrelierte nur die Tumorgröße signifikant mit atypischen Epidermoidzysten (3,9 vs. 4,6cm; p = 0,016). Die Darstellung in der MRT war variabel mit gemischter, isotenser, hypo- und hyperdenser Präsentation. In 1 Fall bestand eine ringförmige Anreicherung.

In 14 Fällen war eine komplette und bei 10 Patienten eine subtotale Exstirpation möglich. 17-mal bestanden Adhäsionen zu benachbarten neurovaskulären Strukturen. Pathologisch fanden sich 2 hervorstechende Merkmale: 87,5 % der Epidermoidzysten hatten Einblutungen und 79,2 % Granulationen. Alle Patienten mit Granulationen hatten auch Blutungszeichen. Cholesterolkristalle wurden bei 54,2 % nachgewiesen. Der klinische Verlauf war positiv mit guter neurologischer Rekonstitution und einer geringen Rezidivrate. 95 und 81,4 % der Patienten waren nach 5 und 8 Jahren rückfallfrei.

Ren et al. berichten in mehreren Kasuistiken sehr unterschiedliche Verläufe. Darunter den bei einer 38-jährigen Frau, die sich wegen Kopfschmerzen, einer Dysphagie, durch trinken induzierbaren Husten und seit 2 Monaten bestehender Heiserkeit vorstellte. Die primäre Diagnose des Tumors im Kleinhirnbrückenwinkel lautete „Schwannom“. Intraoperativ lag ein zystischer Befund mit käseartigem Inhalt vor, der in der histopathologischen Untersuchung eine frische Blutung aufwies. Nach 1 Monat wurde die Patientin beschwerdefrei entlassen. Kontrolluntersuchungen in den folgenden 5,5 Jahren zeigten eine asymptomatische, langsam wachsende Rezidivzyste.