Neuroradiologie Scan 2012; 02(04): 238
DOI: 10.1055/s-0032-1310293
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Beurteilung abnormaler zerebraler Eisenablagerung bei multipler Sklerose

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Publication Date:
01 October 2012 (online)

Bei der Suche nach pathogenetischen Faktoren der multiplen Sklerose (MS) gilt derzeit das Interesse den bei MS nachgewiesenen abnormen Eisenablagerungen im Bereich der tiefen grauen Substanz, wie Basalganglien und Thalamus. Das freie Eisen kann im Gewebe über die Bildung freier Radikale zu Schäden an der Zellmembran und einer Daueraktivierung der Mikroglia führen und so die chronische Autoimmunerkrankung weiter ankurbeln. In der T2 – oder T2*-gewichteten MRT kann Eisen als hypointenses Signal und in der suszeptibilitätsgewichteten Bildgebung (SWI) als Phasenänderung nachgewiesen und quantifiziert werden. Möglicherweise ist damit auch eine Beurteilung der Krankheitsaktivität möglich, und Eisenablagerungen könnten als Prädiktor für eine Erkrankungsprogression fungieren. Habib und Kollegen haben dies untersucht.

Bei etwa zwei Drittel der Patienten mit MS kann mithilfe der SWI im Bereich von Basalganglien, Thalamus und Mittelhirn eine abnorme Eisenablagerung nachgewiesen werden. Das ist das Ergebnis der radiologischen Arbeitsgruppe, die dazu 52 Patienten mit MS (31 mit schubförmig-remittierender MS, RRMS; 21 mit sekundär progredienter MS, SPMS) untersucht hat. Als Vergleichsgruppe dienten 122 gesunde Freiwillige, mit deren Bildern die normale Eisenverteilung in der tiefen grauen Substanz bestimmt wurde. Die Untersuchungen erfolgten in 1,5-T- bzw. 3-T-Geräten, die SWI-Aufnahmen wurden mittels einer flusskompensierten 3-D-Gradientenecho-Sequenz generiert. Die Autoren überprüften insgesamt 7 anatomische Regionen: Globus pallidus, Kopf des Nucleus caudatus, Putamen, Thalamus, Substantia nigra, Nucleus ruber und Pulvinar thalami. Die einzelnen Bereiche teilten sie dabei jeweils in 2 Regionen ein: RI entsprechend einem niedrigen Eisengehalt und RII entsprechend einem hohen Eisengehalt. Sie beurteilten folgende Parameter:

  • Anteil der Struktur mit hohem Eisenghalt,

  • geschätzter durchschnittlicher Eisengehalt pro Voxel und

  • geschätzter Gesamteisengehalt in den RII-Bereichen.

Die Schwelle für abnorme Eisenablagerungen wurde als Eisengehalt außerhalb des 95 %-Vorhersageintervalls der gesunden Personen festgelegt. Die Ergebnisse zeigten einen deutlichen Unterschied im Eisengehalt zwischen Kontrollgruppe und Patienten. Während 27 % der Gesunden einen abnormen Gesamteisengehalt in mindestens einer der untersuchten Strukturen aufwies, waren es bei den Patienten 76 %. Ähnlich lagen die Verhältnisse bei den anderen Parametern. Bei 65 % der Patienten zeigte sich ein Eisengehalt von mehr als 3 Standardabweichungen oberhalb des Mittelwerts der gesunden Kontrollen (p < 0,05). Die stärksten Ablagerungen waren im Bereich von Nucleus ruber und Putamen nachweisbar. Bei Stratifizierung nach Alter und Art der MS war der Unterschied noch eindrücklicher: Unter den Personen bis zum 40. Lebensjahr wiesen nur 1 % der Kontrollgruppe, aber 67 % der Patienten mit RRMS eine abnorm hohe Eisenspeicherung auf.