veterinär spiegel 2009; 19(04): 192-196
DOI: 10.1055/s-0029-1240607
kleintiere & heimtiere
Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Einführung in die Zytodiagnostik bei Vögeln und Reptilien

Helene Pendl
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Publication Date:
15 December 2009 (online)

Einleitung

Ähnlich wie in der Kleintiermedizin kann die klinische Zytologie bei richtiger Anwendung in der Vogel- und Reptilienpraxis zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel werden, welches die Qualität der Diagnostik erheblich steigert. Definitionsgemäß befasst sich die Zytologie mit der morphologischen Beurteilung von Einzelzellen oder Zellverbänden, welche von der Körperoberfläche oder tiefer liegenden Strukturen gewonnen, präpariert und gefärbt wurden. Im Gegensatz zur Histologie, welche sich auf die Untersuchung ganzer Gewebeverbände stützt, steht hierbei die Erkennung und Beurteilung von Veränderungen auf zellulärer Ebene im Vordergrund. Insbesondere bei der Beurteilung der Dignität von Neoplasien kann dies gegenüber der histologischen Untersuchung von Vorteil sein, da sich zelluläre Malignitätskriterien im zytologischen Präparat prominenter darstellen als im geschnittenen Gewebeverband ([Abb. 1 a]). Grundsätzlich sollten beide Verfahren nicht in Konkurrenz zueinander, sondern als sich ergänzende Methoden mit unterschiedlichen Indikationen gesehen werden.

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Abb. 1 a und b Feinnadelaspirationsbioptate (FNAB) eines Hepatoms und sekundären Aszites bei einem Wellensittich, Verdachtsdiagnose histologisch bestätigt. a Leberpunktat mit prominenten nukleären Anzeichen von Malignität: Makrokaryose (Durchmesser größer als 3 Erythrozyten), Anisokaryose, Anisonukleolose mit eckigen Formen, Wright-Giemsa-Färbung nach Samour (WGS), Originalvergrößerung × 400. b Makrophagen mit Anzeichen von Erythrophagozytose in der Aszitesflüssigkeit; Konzentration des zellulären Anteils des Transsudats durch Ausstrichtechnik mit Stopplinie, WGS, Originalvergrößerung × 1000.

Die Vorteile der zytologischen Untersuchung liegen in der schnellen, einfachen, kostengünstigen und für den Patienten ungefährlichen Durchführbarkeit in der täglichen Praxisroutine. Diesen steht der Nachteil einer kleinen Probenmenge gegenüber, welche unter Umständen nicht repräsentativ für das eigentliche Krankheitsgeschehen ist. Dieses Risiko wird durch die korrekte Indikationsstellung und Probenentnahme minimiert und sollte den Praktiker keinesfalls abschrecken, die Zytologie einzusetzen. In der Mehrheit der Fälle erlaubt sie einen ersten Überblick über die Situation und liefert wertvolle Hinweise zu therapeutischen und weiterführenden diagnostischen Maßnahmen, auch wenn zur genauen Abklärung eine zeitlich aufwendigere histologische Untersuchung außer Haus notwendig wird. Dies ist umso wichtiger, als der Faktor Zeit gerade beim Vogelpatienten für den Therapieerfolg eine erhebliche Rolle spielt.

 
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