Aktuelle Urol 2010; 41(1): 67-79
DOI: 10.1055/s-0029-1233501
Operative Techniken

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Ileum-Neoblase nach Studer

F. C. Burkhard1 , G. N. Thalmann1 , U. E. Studer1 , M. Schumacher2 , H. J. Danuser3 , E. J. Zingg4
  • 1Urologische Universitätsklinik, Bern, Schweiz
  • 2Karolinska Institut, Stockholm, Schweden
  • 3Urologische Klinik, Kantonsspital Luzern, Schweiz
  • 4ehem. Inselspital, Anna-Seiler-Haus, Urologische Universitätsklinik Bern, Schweiz
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Publication Date:
21 January 2010 (online)

Einleitung

Der orthotope ileale Blasenersatz aus Dünndarm mit dem Ziel einer kontinenten Harnableitung und Miktion per vias naturales hat sich heutzutage zur Standardharnableitung vor allem bei Männern und in zunehmendem Maße auch bei Frauen etabliert. Gute Langzeitresultate werden umso besser sein, je restriktiver die Operationsindikationen gestellt werden. Das funktionelle Ergebnis nach einem orthotopen Blasenersatz sowie Kontinenz und Ausmaß der erektilen Funktion hängen einerseits von der operativen Technik ab, insbesondere einer nervenschonenden Chirurgie, andererseits von einer sorgfältigen langfristigen Nachbetreuung durch den erfahrenen Spezialisten und ein gut geschultes Pflegeteam (Erlernen des spontanen Wasserlassens, restharnfreie Miktion usw.). 

Die hier beschriebene Operationstechnik ist nicht wesentlich komplexer als die Anlage eines Ileumconduit. Das resezierte Dünndarmsegment ist 2–2œ-mal länger als ein Ileumconduit; das aborale Ende wird in ein Niederdruckreservoir nach dem Prinzip „Cup-Patch-Technique” nach Goodwin umgewandelt und mit der membranösen Harnröhre reanastomosiert. Um Malabsorptionsstörungen im Darm vorzubeugen, werden das terminale Ileum sowie die Ileozökalklappe belassen. Das Reservoir wird aus lediglich 40–44 cm Dünndarm konstruiert. Dadurch können Reabsorptionsstörungen vermieden und eine restharnfreie Spontanmiktion erreicht werden. Die reabsorbierende Darmoberfläche ist limitiert und die Reabsorptionszeit im Vergleich zu größeren Reservoirs kürzer. Die Größe bzw. das Volumen des Reservoirs (ca. 500 ml) gestattet dennoch genügend tiefe Druckwerte, um eine Harnkontinenz zu ermöglichen. Anderseits wird ein allzu großer, schlaffer „Sack”, welcher nicht mehr entleert werden könnte, vermieden. 

Mit der gleichzeitigen Verwendung eines isoperistaltischen, afferent-tubulären Segmentes können die distalen Harnleiter wie auch die paraureteralen distalen Lymphbahnen, welche zur Iliakakreuzung laufen, en bloc mit der Harnblase reseziert werden. Dies vermindert das Risiko urothelialer Rezidivtumoren in den distalen Harnleitern. Die Peristaltik des afferent-tubulären Segmentes stellt unter den gegebenen Niederdruckverhältnissen des Reservoirs einen ausreichenden dynamischen Antirefluxschutz dar, der eine offene End-zu-Seit-Anastomose der Harnleiter mit entsprechend geringer Komplikationsrate erlaubt. Das Absetzen der Harnleiter oberhalb der Gefäßkreuzung vermindert zudem das Risiko einer distalen Harnleiterischämie mit konsekutiver Tendenz zu Striktur und Stenose. In den seltenen Fällen einer Ersatzblasenentleerungsstörung, einem symptomatischen Lokalrezidiv im Becken oder der Notwendigkeit einer sekundären Urethrektomie kann das afferent-tubuläre Segment problemlos in einen Ileumconduit umgewandelt werden. 

Literatur

  • 1 Studer U E, Zingg E J. Ileal orthotopic bladder substitute. What we have learned from 12 years' experience with 200 patients.  Urol Clin North Am. 1997;  24 781
  • 2 Studer U E, Burkhard F C, Schumacher M et al. Twenty years experience with an Ileal Orthotopic Low Pressure Substitute – Lessons to be learned.  J Urol. 2006;  176 161-166

Prof. Dr. med. F. C. Burkhard

Inselspital · Anna-Seiler-Haus · Urologische Universitätsklinik

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