Aktuelle Ernährungsmedizin 2024; 49(01): 51-52
DOI: 10.1055/a-2167-3208
Gesellschaftsnachrichten

Gesellschaftsnachrichten des Verbands der Diätassistenten e.V. (VDD)

Von Vorteil für alle: Verbandsarbeit über die Landesgrenzen hinaus

Für den VDD ist die Zusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene ein essenzieller Bestandteil der Verbandsarbeit. Es geht um die Fortentwicklung, Vergleichbarkeit und internationale Anschlussfähigkeit des Berufes, den permanenten Austausch neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, die Entwicklung einheitlicher Standards sowie deren Umsetzung in die Praxis. Im Mittelpunkt stehen die Qualität der Arbeit und das Patientenwohl.

Die internationale Vernetzung hat im VDD eine lange Tradition. Als „Vereinigung staatlich anerkannter Diätassistentinnen und Ernährungsberaterinnen Deutschlands“ 1957 gegründet, wurde der VDD relativ schnell nach seiner Gründung auch international aktiv.

  • So wurde die Vereinigung 1961 offizielles Mitglied des „International Commitee of Dietetics“, der heutigen International Confederation of Dietetic Associations (ICDA).

  • 1972 gründete der VDD zudem zusammen mit 7 weiteren Länder das Comittee of the Dietetic Associations of the European Countries (C.A.D.E.C.), welches später in der 1978 gegründeten European Federation of the Associations of Dietitians (EFAD) aufging.

  • Von Beginn an ist der VDD im Executive Committee (EC) vertreten. Er stellte zeitweise die Präsidentin, später auch verschiedene Schatzmeister. Derzeit ist Dr. Daniel Buchholz EC-Mitglied.

Der hohe Stellenwert der internationalen Zusammenarbeit zeigt sich insbesondere in der Verankerung der internationalen Vertretung in der Vereinssatzung. „Viele Ziele des VDD wurden von unserer Beteiligung in dem europäischen und dem internationalen Dachverband ausgelöst, ermöglicht und geprägt. Das gilt für die Weiterentwicklung des Berufs der Diätassistenten, für die Qualität in der Ernährungstherapie und weitere Themen“, so VDD-Präsidentin Uta Köpcke. Sie ist zugleich eine der Delegierten in der europäischen Dachorganisation EFAD sowie im internationalen Zusammenschluss ICDA.

Wichtiges Thema in allen Ländern: das prozessgeleitete Handeln im Beruf

Prozessgeleitetes Handeln in der Diätetik wurde bereits in den 90iger Jahren des letzten Jahrhunderts thematisiert, zuerst in den USA, dann auch in Europa. Impulsgebend für die Entwicklung eines eigenen deutschen Prozessmodells waren die europäischen Kontakte, insbesondere zu den Niederlanden und Österreich.

Der German-Nutrition Care Prozess (G-NCP) wird seither an den Schulen für Diätassistentinnen und Diätassistenten unterrichtet. Er ist mittlerweile Bestandteil des Heilmittels Ernährungstherapie und der entsprechenden Verträge. Er wird in Leitlinien und zahlreichen Dokumenten zitiert. Zentraler Punkt: Der G-NCP macht die Tätigkeit von Diätassistenten transparent und vergleichbar.

Internationale Projekte wie z. B. INIS (International Nutrition Care Process and Terminology Implementation Survey)[1] geben uns die Möglichkeit, die Umsetzung des G-NCP zu erforschen, den Standort zu bestimmen und weiterzuentwickeln. Die Beteiligung an solchen internationalen Umfragen kann der VDD aufgrund seiner ICDA-Mitgliedschaft wahrnehmen.


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Berufliche Ausbildung europäisch abstimmen

Hinsichtlich der beruflichen Weiterentwicklung sind die EFAD-Ausbildungsstandards von besonderer Bedeutung: Sie wurden auf Basis einer europaweiten Umfrage entwickelt und bilden jetzt ein vor dem Hintergrund der ausstehenden Novellierung der Diätassistentenausbildung viel zitiertes Grundsatzpapier. Für den VDD sind die EFAD-Ausbildungsstandards damit derzeit die Messlatte für die berufliche Ausbildung hierzulande.

EFAD nimmt auch Stellung zu wichtigen ernährungspolitischen Themen und hat im vergangenen Jahr die vielbeachtete „Budapester Resolution“ verabschiedet: Sie fordert, eine adäquate Ernährungsversorgung (nutritional care) für alle als Menschenrecht anzuerkennen. Sie empfiehlt dringend, dass die diätetische Betreuung ein integraler Bestandteil der Ernährungsversorgung sein sollte, um sicherzustellen, dass niemand zurückbleibt.

Der VDD hat sie im November 2022 unterzeichnet. EFAD ist zudem seit 2018 als nichtstaatlicher Akteur bei der europäischen Sektion der Weltgesundheitsorganisation WHO akkreditiert und arbeitet im Rahmen der Leitlinienarbeit eng mit ESPEN[2] zusammen.

EFAD verfügt über Ausschüsse zu den Themen Education and Lifelong Learning, Professional Practice, Research and Evidence Based Practice sowie sieben Expertennetzwerke (ESDN[3]). Das sind:

  • ESDN Gastroenterology

  • ESDN Obesity

  • ESDN Older Adults

  • ESDN Oncology

  • ESDN Public Health

  • ESDN Sports and Physical Activity

  • ESDN Primary Care

Hier arbeiten Uta Köpcke als Mitglied des Education and Lifelong Learning Ausschusses mit, Robert Speer (Sprecher der VDD Fachgruppe Geriatrie) als Mitglied des Expertennetzwerkes Older Adults und Dr. Nicole Erickson (VDD Fachgruppe Onkologie) als Sprecherin des Expertennetzwerkes Oncology.


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Konkrete Vorteile der länderübergreifenden Zusammenarbeit

Konkret wirkt sich die internationale Vernetzung auch für den Berufsalltag von Diätassistentinnen und Diätassistenten aus, beispielsweise im Rahmen von Projekten wie der Malnutrition Awareness Week (MAW) im November 2023. Sie stand in Deutschland unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) und hat ihren Ursprung in der Arbeit von ESPEN. Dr. Nicole Erickson (VDD Fachgruppe Onkologie) vertritt den VDD als Delegierte von Beginn an auf der europäischen Ebene im Netzwerk Optimal Nutritional Care for All der European Nutrition for Health Alliance (ONCA/ENHA); EFAD und die europäische Fachgesellschaft ESPEN sind Partnerorganisationen von ENHA.

Die Mitgliedschaft des VDD im europäischen Dachverband EFAD lohnt sich für die VDD-Mitglieder aber auch in Sachen persönlicher Fortbildung: EFAD bietet beispielsweise fortlaufend kostenlose Webinare zu diversen Themen an. Eine gute Gelegenheit, fachlichen Input zu erhalten und völlig entspannt die Englisch-Kompetenzen aufzufrischen. Die sozialen Medien und der EFAD-Newsletter bieten top-aktuelle Informationen dazu.


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Vernetzung aus Sicht von VDDlern

Robert Speer, VDD-Fachgruppensprecher Geriatrie, schätzt die Vorteile des internationalen Austausches sehr und sagt: „Für mich sind die Vernetzung bzw. der grenzüberschreitende Austausch eine Basis für Reflektion und Weiterentwicklung, bilateral wie auf EU-Ebene.“ Unterschiedliche Gesundheitssysteme gehen seiner Erfahrung nach in der Versorgung älterer Menschen unterschiedliche Wege; sie definieren verschiedene Anforderungen, wobei die ernährungsrelevanten Themen in der geriatrischen Zielgruppe die gleichen sind. Die Arbeit im internationalen Team bietet demnach die Chance zum Austausch, setzt neue Impulse und stärkt die Möglichkeit der Vernetzung.

Die ESDN Older Adults trifft sich mehrmals jährlich digital, um an aktuellen Projekten zu arbeiten. Neben gemeinsamen Webinaren und Fachpublikationen ist die Gruppe auch bei internationalen Forschungsprojekten vertreten, so z. B. beim PROMED-COG project (PROtein enriched MEDiterranean diet to combat undernutrition and promote healthy neuroCOGnitive ageing in older adults).

Als Leiterin des ESDN Oncology unterstützt Dr. Nicole Erickson die Vernetzung und Diskussion über die Rolle von Diätassistentinnen und Diätassistenten in der Onkologie auf europäischer Ebene. „Im Jahr 2020/2021 brachten mehrere hochkarätig besetzte EU4Nutrition-Veranstaltungen das Thema Mangelernährung auf die europäische Agenda. Aus meiner Tätigkeit konnte ich dort Erfahrungen beitragen und insbesondere die Bedeutung eines interdisziplinären Teams und die Rolle von Dietitians in der Patientenversorgung thematisieren“, sagt Erickson.

Inbesondere durch die Etablierung der EU4Nutriton-Thematik im Netzwerk der EU Health policy platform und die damit verbundenen Veranstaltungen wurde das Bewusstsein der interdizplinären Stakeholder für die Bekämpfung der Mangelernährung offenbar deutlich geschärft: Ein Ergebnis dieses Projekts ist das über die Landesgrenzen hinaus bekannte Policy Paper Nutrition care is an integral part of patient-centred medical care: a European Consenus [4] . Das Projekt selbst und besonders die Veröffentlichung dieses Policy Papers, das die Bedeutung der Ernährung betont, sind ein wichtiger Schritt zur Gestaltung der Zukunft der patientenzentrierten medizinischen Versorgung. „Als Autorinnen und Autoren haben wir Forschungsergebnisse, Erkenntnisse und Empfehlungen zusammengetragen, die für eine fundierte Entscheidungsfindung genutzt werden können,“ sagt Nicole Erickson.

Zur Person
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Robert Speer ist Diätassistent und promoviert aktuell an der Paracelsus Medizinischen Universität Salzburg zum Thema Malnutrition und Sarkopenie in der Geriatrie. Seit vier Jahren ist er Mitglied bei ESDN Older Adults, zunächst als Vertreter der FG-Geriatrie des Schweizerischen Verbandes der Ernährungsberater/innen (SVDE), da er fünf Jahre in der Schweiz als Ernährungsberater gearbeitet hat. Auch heute ist er noch in der schweizerischen Fachgruppe aktiv. 2018 nach Deutschland zurückgekehrt ist er jetzt zudem Mitglied der VDD-Fachgruppe Geriatrie. Seit 2020 leitet er diese.

Zur Person
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Dr. Nicole Erickson ist Diätassistentin/M.sc. Dietetics sowie promovierte Ernährungswissenschaftlerin am CCC München Comprehensive Cancer Center LMU Klinikum. Sie ist seit vielen Jahren beruflich wie ehrenamtlich stark in der Prävention, Therapie und Rehabilitation onkologischer Erkrankungen engagiert. Erickson hat die VDD-Fachgruppe Onkologie mitbegründet und war 8 Jahre lang Sprecherin bei PRIO, der Arbeitsgemeinschaft Prävention und Integrative Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft. Auf europäischer Ebene vertritt sie ihr Arbeitsfeld als Delegierte der European Nutrition for Health Alliance (ENHA) und als Sprecherin des ESDN Oncology bei EFAD.


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Publication History

Article published online:
22 February 2024

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