NOTARZT 2023; 39(02): 73-74
DOI: 10.1055/a-2038-5965
Aktuelles

Kommentar zur Stellungnahme der BAND

Peter Sefrin

Ein wesentlicher Ansatz zur Reform der Notfall- und Akutversorgung der Regierungskommission ist neben der Einrichtung integrierter Notfallzentren an den Krankenhäusern die Einrichtung sogenannter Integrierter Leitstellen (ILS). Dies betrifft neben der Notfallversorgung im Rettungsdienst auch die Krankenversorgung im Rahmen der allgemeinen medizinischen und pflegerischen Versorgung. Schon heute gibt es in vielen Rettungsdienstgesetzen der Länder den Begriff der „Integrierten Leitstelle“, in der neben dem Krankentransport, der Notfallrettung auch der Brand- und Katastrophenschutz unter der Notrufnummer 112 disponiert werden. Die Vermittlung des (haus-)ärztlichen Bereitschaftsdienstes unter der Telefonnummer 116 117 ist davon üblicherweise separiert. Das heißt, der Begriff der integrierten Leitstelle ist bereits inhaltlich und gesetzlich festgelegt.

Reformvorschläge auf Bundesebene dürfen jedoch nicht nur unter dem Aspekt der Entlastung der Notaufnahmen und der Lenkung der Patientenströme gesehen werden. Wie in der Stellungnahme der BAND aufgeführt, ist die Zusammenlegung der beiden Anlaufstellen für das medizinische Hilfeersuchen richtig und aus Sicht des Bürgers eine wesentliche Erleichterung. Aus den vorgelegten Ausführungen und der bildlichen Darstellung des Reformvorschlags ([Abb. 1]) [1] geht nicht hervor, wie die bisherige Konstellation der Verbindung der daseinsfürsorglichen Gefahrenabwehr durch Feuerwehr und Katastrophenschutz in der neuen Leitstelle geregelt werden soll. Eine Zusammenlegung der bisherigen ILS und der neuen „Gesundheitsleitstelle“ wirft nicht nur die Frage nach den Zuständigkeiten auf, sondern auch nach der Qualifikation der dortigen Disponenten angesichts der Umfänglichkeit der beschriebenen Aufgaben. Selbst bei einer auch räumlichen Zusammenlegung der beiden Bereiche würde ein Disponent nicht beide Bereiche bedienen können. Eine mögliche digitale Vernetzung würde dem geplanten Anliegen bei einer räumlichen Trennung nicht gerecht.

Die jetzige Qualifikation eines Disponenten im Callcenter der Kassenärztlichen Vereinigungen oder für die momentane ILS-Struktur wird nicht ausreichen, um beide Bereiche zu bedienen. Nicht umsonst heißt es beim Reformvorschlag, dass die Aufgaben der Disponenten der neuen Leitstelle von „medizinischen Fachkräften“ übernommen werden sollen. Es geht bei der Qualifikation des Disponenten nicht nur um die Ersteinschätzung des medizinischen Hilfeersuchens, sondern auch um die Einsatzführung bei medizinischen und technischen Notfällen sowie bei einem Massenanfall und bei Katastrophen, weshalb bisher schon eine doppelte Qualifikation im Rettungsdienst und Brand- und Katastrophenschutz der ILS-Disponenten erforderlich ist.

Eine Trennung der bisherigen (Rettungs-)Leitstellen – in der Zuständigkeit des Landes oder der Kommune – und der neuen Gesundheitsleitstelle – in der Zuständigkeit der Krankenkassen (?) – würde dem Anliegen der Reform und dem ursprünglichen Ansatz der Erleichterung für den Bürger widersprechen. Aus diesen Gründen bedarf es für diesen Teil der Reformvorschläge einer weiteren Konkretisierung.

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Abb. 1 Ein flächendeckendes Versorgungsangebot wird über eine integrierte Leitstelle (ILS) koordiniert [1]. KV = kassenärztliche Vereinigung; INZ = integrierte Notfallzentren; KINZ = integrierte Notfallzentren für Kinder und Jugendliche


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Article published online:
11 April 2023

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