Laryngorhinootologie 2023; 102(03): 239-243
DOI: 10.1055/a-2010-3069
OP-Techniken

Eingriffe in der Mundhöhle und im Oropharynx

J. A. Werner
,
J. P. Windfuhr

Eingriffe bei Tonsillen-, Zungengrund- und Pharynxwandtumoren: Transorale laserchirurgische Resektion von Malignomen des Oropharynx

Alternative: transpharyngeale Resektion

OP-Prinzip

Transpharyngeale Tumorexposition von lateral, En-bloc-Resektion ggf. nach vorheriger transoraler Tumorumschneidung im Sinne der Durchzugmethode. In der Regel werden in gleicher Sitzung eine Neck-Dissection auf beiden Seiten und eine Tracheotomie vorgenommen. Je nach individueller Situation wird für die Pharynxrekonstruktion ein gestielter myokutaner Fernlappen oder ein freies mikrovaskulär reanastomosiertes freies Transplantat verwendet.


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Indikation

Grundsätzlich wie bei transoraler Resektion, die jedoch wegen anatomischer Gegebenheiten keine ausreichend sichere Tumorresektion ermöglicht.


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Kontraindikation

  • fehlende Aussicht auf onkochirurgische Sicherheit

  • inadäquate Beeinträchtigung der postoperativen Lebensqualität im Vergleich zu alternativen Maßnahmen


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Spezielle Patientenaufklärung

  • Risiken eines Transplantatverlusts, Folgen am Transplantathebeort

  • Tracheotomie

  • Schädigung des Fazialismundastes

  • schwere intra- oder postoperative Blutung mit Gefahr der Aspiration und Hypoxie, Volumenmangelschock

  • entzündliche Komplikationen: Wundbettinfektion, Lymphadenitis colli, Retro- und Parapharyngealabszess, Halsphlegmone, Jugularisthrombose und Mediastinitis

  • Schmeckstörungen, Schluckstörung, Zungenbeweglichkeitsstörung

  • Zahnschäden, Kiefergelenkschäden, Kieferklemme

  • velopalatinale Insuffizienz, Schluck- und Sprachstörung (Sprachklangänderung)

  • Wundheilungsstörungen, Speichelfistelbildung mit Gefahr einer Arrosionsblutung aus den großen Halsgefäßen

  • Neck-Dissection-Folgen

  • Rezidivgefahr, Möglichkeit der Radiochemotherapie oder einer Nachoperation


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OP-Technik

  • Hautschnitt: Wenn die Exposition von Level I und II ausreichen sollte: kaudal der Kinnspitze beginnend, bogenförmig zum Mastoid ziehend. Zur Exposition von Level III und IV ist ein Hilfsschnitt in kaudaler Richtung entlang der Vorderkante des M. sternocleidomastoideus erforderlich.

  • Neck-Dissection und submandibuläre Ausräumung: wie beim transoralen Vorgehen (S. 199) beschrieben.

  • Pharynxeröffnung: Nach Neck-Dissection mit Freilegen der relevanten Gefäße (A. carotis communis, A. carotis externa/interna, A. thyroidea superior, A. pharyngea ascendens, A. lingualis und A. facialis) und Nerven (N. hypoglossus, N. lingualis, N. accessorius, N. vagus, Ansa cervicalis profunda, eventuell N. glossopharyngeus) erfolgt die Pharyngotomie schrittweise in die Tiefe unmittelbar kranial des Zungenbeins, dessen lateraler Anteil im Bedarfsfall auch reseziert werden darf. Eröffnen des Pharynx unterhalb der palpierten Tumorgrenze, die nun dargestellt wird. Auf Einhalten des Sicherheitsabstandes von 5–10 mm ist zu achten, wenn der angeklemmte Tumor schrittweise in kranialer Richtung entwickelt und abgesetzt wird. Während der Dissektion ist auf eine minutiöse Blutungsstillung zu achten, meist ist die bipolare Koagulation ausreichend.

  • Wundverschluss: Die Defektgröße bestimmt die Wahl zwischen primärem Verschluss oder Rekonstruktion der Pharynxwand, vorzugsweise mittels mikrovaskulär reanastomosiertem freiem Unterarmtransplantat.

Risiken und Komplikationen
  • Schädigung von Fazialismundast und Nn. lingualis, hypoglossus, accessorius

  • Schmeckstörung, Schluckstörung, Zungenmotilitätsstörung

  • Kiefergelenkschäden, Kieferklemme, velopalatinale Insuffizienz

  • Speichelfistelbildung mit Gefahr einer Arrosionsblutung aus den großen Halsgefäßen

  • schwere intra- oder postoperative Blutung mit Gefahr der Aspiration und Hypoxie, Volumenmangelschock


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Eingriffe mit transmandibulärem Zugang

OP-Prinzip

Wenn es die Tumorausdehnung erfordert, kann die temporäre mediane Mandibulotomie zur Exposition von großflächigen/volumigen Tumoren erforderlich werden. Bei tumoröser Infiltration der Mandibula bestimmen die Lokalisation und Größe den Zugangsweg und das Ausmaß der Resektion sowie die Wahl der osteosynthetischen Versorgung nach vollständiger Entfernung des Tumors. Die Resektion des Tumors kann eine Rekonstruktion mittels mikrovaskulär reanastomosiertem freiem Transplantat vom Unterarm oder der Fibula erforderlich machen. Typischerweise wird die beidseitige Neck-Dissection und Tracheostomaanlage (S. 198) in gleicher Sitzung vorgenommen.


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Indikation

Onkologisch nicht vertretbare Unsicherheiten bei alternativem Zugangsweg (transoral, transpharyngeal, transoral-transpharyngeal).


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Kontraindikation

  • fehlende Aussicht auf onkochirurgische Sicherheit


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Spezielle Patientenaufklärung, Risiken und Komplikationen

  • wie beim transpharyngealen Vorgehen (S. 199)

  • siehe Neck-Dissection (S. 278)

  • siehe Tonsillektomie (S. 177)


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OP-Technik

siehe transmandibuläres Vorgehen


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Publication History

Article published online:
01 March 2023

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