PPH 2022; 28(04): 206
DOI: 10.1055/a-1834-3736
Rund um die Psychiatrie

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Tognetti A, Durand V, Dubois D et al. The smell of cooperativeness: Do human body odours advertise cooperative behaviours? Br. J. Psychol. 2022; 113: 531–546. doi:10.1111/bjop.12544

Hintergrund: Jahrzehntelang wurde angenommen, dass der menschliche Geruchssinn nicht besonders ausgeprägt ist. Nun zeigen neue wissenschaftliche Erkenntnisse, dass der Mensch über sehr feine olfaktorische Fähigkeiten verfügt. Darüber hinaus können Menschen durch chemosensorische Hinweise sozial relevante Informationen kommunizieren, zum Beispiel Persönlichkeitsmerkmale und emotionale Zustände wie Angst, Stress oder Glück. Viele menschliche Interaktionen erfordern es, Fremde zu beurteilen und dann einzuschätzen, ob eine Grundlage für ein kooperatives Verhalten besteht. Die Ergebnisse solcher Urteile wirken sich stark darauf aus, ob eine Einzelperson eine Interaktion mit einem anderen Menschen initiiert.

Diese Studie untersuchte, ob das Riechen der Körpergerüche von Gesprächspartnern einen Vorteil bei kooperativen Entscheidungen bietet – insbesondere ob olfaktorische Reize dazu befähigen, mehr mit kooperativen Partnern zu interagieren und gleichzeitig unkooperative Partner zu vermeiden. Weiterhin wurden Wahrnehmungsmechanismen untersucht, die grundlegend sind, um Kooperationsbereitschaft zu erkennen, zum Beispiel Intensität, Wohlgefallen und Vertrautheit der Gerüche.

Methode: Es wurden Proben axillärer Gerüche von kooperativen und unkooperativen männlichen Probanden gewonnen. Dazu wurden die Probanden gebeten, eine Reihe von Aufgaben durchzuführen, bei denen untersucht wurde, ob und wie sie die kooperative Entscheidungsfindung in einem anreizorientierten Wirtschaftsspiel und die Bewertungen der Kooperativen beeinflussen.

Ergebnis: Die Wahrnehmung von Körpergerüchen bietet insbesondere Frauen einen Vorteil bei Entscheidungen. Generell gilt, dass Frauen mit zunehmendem Lebensalter tendenziell eher mit kooperativen Männern interagieren und die Interaktion mit unkooperativen Männern vermeiden. Es wurde jedoch kein direkter Zusammenhang gefunden, dass Männer mit sehr maskulinen und intensiven Körpergerüchen tatsächlich weniger kooperativ waren.

Fazit: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Körpergerüche, ähnlich wie Gesichter und Stimmen, die wahrgenommene Kooperationsbereitschaft beeinflussen und zumindest von Frauen als olfaktorische Hinweise auf Kooperationsbereitschaft verwendet werden.

Dr. Jörg Kußmaul

Rubenstein AL, Morrison HM, Whiting SW et al. More money, more problems? An examination of the dynamic relationship between income and work – family conflict. Journal of Occupational and Organizational Psychology 2022; 95: 305–331. doi:10.1111/joop.12387

Hintergrund: Finanziell unabhängig zu sein, ist für viele Menschen ein berufliches und privates Lebensziel. Viele Herausforderungen im Leben scheinen mit ausreichenden finanziellen Mitteln einfacher zu bewältigen zu sein, zum Beispiel das Bezahlen von Miete, einer Hypothek oder anderen wiederkehrenden Rechnungen. Davon abgesehen haben Personen mit einem höheren Einkommen auch einen größeren finanziellen Spielraum, um sich persönlichen Luxus zu leisten sowie mehr Freiheit, um ihren Freizeitaktivitäten nachzugehen.

Nur wenige Forschungsarbeiten haben sich mit der Frage befasst, wie es sich im Laufe der Zeit auf die beruflichen und familiären Verpflichtungen auswirkt, wenn mehr Geld verdient wird.

In dieser Studie wurde basierend auf der „Resource Allocation Theory“ untersucht, wie das Einkommen und der „Work-Family-Conflict (WFC)“ korrelieren. Die Hypothese war, dass ein höheres Einkommen mehr Familienkonflikte fördert. Die Annahme beruht darauf, dass Personen mehr persönliche und zeitliche Ressourcen für die Arbeitsrolle investieren müssen und sich damit die verbleibenden Ressourcen für die Familie reduzieren.

Methode: Die Daten von 6000 Probanden wurden im Längsschnitt über vier Jahre untersucht. Die Probanden wurden in diesem Zeitraum regelmäßig befragt.

Ergebnis: Die Ergebnisse zeigen, dass steigendes Einkommen im Laufe der Zeit mit der Zunahme von Konflikten zwischen Beruf und Familie korreliert. Dieses Phänomen traf stärker bei weiblichen als männlichen Probanden auf. Diese Forschung legt nahe, dass mit zunehmender Investition von persönlichen Ressourcen in das Arbeitsumfeld eine Strategie notwendig wird, um Arbeit und Familienziele zu vereinbaren.

Fazit: Das Auftreten von Familienkonflikten nimmt mit steigendem Einkommen zu.

Dr. Jörg Kußmaul



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Article published online:
25 July 2022

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