PPH 2021; 27(03): 154
DOI: 10.1055/a-1391-2561
Rund um die Psychiatrie

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Fryt J, Szczygiel M. Predictors of Positive and Negative Risk-Taking in Adolescents and Young Adults: Similarities and Differences. Europe‘s Journal of Psychology 2021; 17 (1): 17–30, https://doi.org/10.5964/ejop.2169

Hintergrund:Die Risikobereitschaft eines Menschen kann situationsbedingt als eine gefährliche Verhaltensweise angesehen werden, zum Beispiel rasantes Autofahren oder Diebstahl. Aber die Bereitschaft, ein Risiko einzugehen, kann auch als positive und sozial akzeptierte Verhaltensweise wahrgenommen werden, zum Beispiel das Ausprobieren einer neuen Sportart oder eine Rede vor unbekanntem Publikum. Aus wissenschaftlicher Sichtweise kann jede Art von Risikobereitschaft zu positiven oder negativen Ergebnissen führen. Dabei gilt: Je größer die Variabilität der Einflussfaktoren ist, desto größer ist das Risiko. Die meisten Forschungsarbeiten konzentrierten sich bisher auf die negative Risikobereitschaft eines Menschen.

In einer kürzlich durchgeführten Studie wurde das Forschungsdesign auf die Merkmale der positiven Risikobereitschaft ausgerichtet. Untersucht wurde, wie sich das Konstrukt der positiven Risikobereitschaft von der negativen Risikobereitschaft unterscheidet und ob beide durch dieselben oder unterschiedliche Faktoren vorher gesagt werden können.

Methode: Insgesamt nahmen 258 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16–29 Jahren an der Studie teil. Die Probanden füllten eine Reihe von Selbstfragebögen aus – die sich auf die eigene Sensibilität für Belohnung und Bestrafung, Selbstkontrolle, Ambiguitätstoleranz, Ängstlichkeit und das Geschlecht bezogen – um mögliche Prädiktoren für positives und negatives Risikoverhalten zu identifizieren.

Ergebnis: Die Ergebnisse zeigen, dass eine positive Risikobereitschaft von der Sensibilität für Belohnungen sowie der Ambiguitätstoleranz abhängt. Negative Risikobereitschaft wird durch Geschlecht, Sensibilität für Belohnung oder Bestrafung bestimmt. Menschen, die in der sozialen Umgebung nach Belohnungen suchen, wählen oftmals eine positive Risikobereitschaft, die im sozialen Umfeld akzeptiert ist, um neue Erfahrungen zu erleben und um in der Persönlichkeitsentwicklung voranzuschreiten. Negative Risikobereitschaft wird von Personen gewählt, die sich nicht von schwerwiegenden Auswirkungen abschrecken lassen und nach Belohnungen suchen, die außerhalb der bestehenden sozialen Normen liegen.

Fazit: Das evidenzbasierte Wissen, welche Faktoren die Risikobereitschaft eines Menschen direkt beeinflussen, ist von großer Bedeutung, um Verhaltensstrategien und Beratungskonzepte für Menschen mit einer negativen Risikobereitschaft anzubieten.

Dr. Jörg Kußmaul



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Article published online:
21 May 2021

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