Bei der Blutzuckerselbstmessung bestehen noch wesentliche Informations- und Handlungsdefizite.
Das gilt sowohl für den Patienten mit Diabetes als auch für die behandelnden Ärzte.
"Diabetologie ist mehr, als einen Patient nach Schablone zu behandeln", sagte Prof.
T. Koschinsky, München. Untersuchungen zeigen, dass die Blutzuckerselbstkontrolle
zwar den HbA1c-Wert verbessern kann, bei den Patienten bestehen jedoch noch Unsicherheiten. Fragen
wie "Sind die gemessenen Werte präzise?" oder "Habe ich zum richtigen Zeitpunkt gemessen?"
treten immer wieder auf. Häufig ist der Patient auch im Umgang mit den Messgeräten
nicht geschult.
Daten häufig ohne Konsequenz
Auch der Blutzuckerselbstmanagement-Report Deutschland 2006 belegt diese Defizite:
33% der Befragten hatten nie an einer Schulung teilgenommen. Mehr als ein Drittel
dokumentierte die Blutzuckermesswerte gar nicht, 62% dokumentierten oder analysierten
die Werte nicht regelmäßig. Zudem analysierte ein Drittel der betreuenden Ärzte die
Messwerte nicht. Dies hat zur Folge, dass die gesammelten Daten ohne Konsequenzen
bleiben, Therapieanpassungen und Lebensstil verändernde Maßnahmen bleiben aus.
Gleicher HbA1c-Wert bedeutet nicht gleiches Glukoseprofil
Wie bedeutend die glykämische Variabilität bei der Entstehung von Komplikationen ist,
hob Prof. O. Schnell, München, hervor. Zu bedenken sei, dass bei Patienten mit identischen
HbA1c-Werten, diese doch ein ganz unterschiedliches Glukoseprofil aufweisen können. Da
eine kontinuierliche Glukosemessung häufig nicht durchgeführt werden kann, sei die
Blutzuckerselbstmessung bei der Analyse der glykämischen Variabilität besonders wichtig,
so Schnell. Die Bedeutung einer strukturierten Blutzuckermessung in der Praxis unterstrich
Dr. D. Franke, Pforzheim, anhand von Ergebnissen einer eigenen Untersuchung. Eine
Auswertung von Blutzucker-Tagebüchern und den gespeicherten Daten der Blutzucker-Messgeräte
bei 93 Patienten ergab, dass die Patienten die gemessenen Blutzuckerwerte überwiegend
in einem falschen zeitlichen Zusammenhang dokumentieren. Viele der notierten Werte
waren zudem nicht vom Gerät gemessen worden. Laut Franke sollte der Therapeut daher
nicht nur das Patiententagebuch auswerten, sondern auch die Daten aus dem Blutzuckermessgerät.
Beispielsweise erlaubt eine Software (Accu-Chek 360° Diabetes Management System) die
Auswertung für einen Standardtag oder eine Standardwoche samt Mittelwert und Standardabweichung.
Laut Franke kann der Therapeut die Datenanalyse gemeinsam mit dem Patienten ansehen
und die Therapie entsprechend anpassen.
Dr. Grit Vollmer, Stuttgart
Quelle: Accu-Chek Lunchsymposium "Potenziale und klinische Relevanz einer strukturierten
Blutzuckermessung" im Rahmen der 43. Jahrestagung der DDG im April 2008 in München.
Veranstalter: Roche Diagnostics GmbH, Mannheim.