Zusammenfassung
Hintergrund und Problemstellung: Bei der Entstehung einer Thrombose handelt es sich um ein multikausales Geschehen,
bei dem sowohl genetische als auch situative Risikofaktoren zusammenwirken. Als Individuelle
Gesundheitsleistung (IGeL) wird in Deutschland für Patienten ohne Eigen- und Familienanamnese
eines thromboembolischen Ereignisses ein sogenannter „Thrombose-Check” angeboten,
bei dem Störungen des Blutgerinnungssystems (z. B. Faktor-V-Leiden, Prothrombin-Genmutation,
Protein C-Mangel, Protein S-Mangel, Antithrombin III-Mangel) untersucht werden.
Methode: Eine systematische Literatur- und Leitlinienrecherche wurde insbesondere auf zwei
Fragen hin durchgeführt: a) wie hoch ist das Risiko eines thromboembolischen Ereignisses
für gesunde Patienten mit und ohne angeborene Risikofaktoren? b) gibt es Studien,
die belegen können, dass die Früherkennung eines angeborenen erhöhten Thromboserisikos
bei ansonsten gesunden Menschen einen Nutzen erbringt?
Ergebnisse: In der Literatur wird ein Risiko von 0,7 bis 1 tiefe Bein-Beckenvenen-Thrombose und
zwischen 0,2 und 0,4 Lungenembolien pro 1 000 Einwohner und Jahr angegeben. Beim Vorliegen
einer angeborenen Gerinnungsstörung ist das relative Thromboserisiko im Vergleich
zu Menschen ohne diese Störung erhöht, allerdings bleibt das absolute Risiko gering,
eine Thrombose zu erleiden. Es wurde keine Studie und keine Leitlinie gefunden, die
zeigen konnte, dass sich durch systematisches Screening gesunder Patienten auf ein
angeborenes erhöhtes Thromboserisiko die Rate thromboembolischer Ereignisse reduzieren
ließe.
Schlussfolgerung: Die Durchführung eines „Thrombosechecks” bei gesunden Patienten verspricht keinen
Nutzen. In Übereinstimmung mit den aufgefundenen Leitlinien sollte eine Untersuchung
auf angeborene Störungen der Blutgerinnung auf Patienten mit positiver Eigen- oder
Familienanamnese beschränkt bleiben.
Abstract
Background and Problem: The development of thrombosis is a multicausal phenomenon in which both genetic and
situational factors interact. In Germany, patients with no thromboembolic event in
either their individual or family medical histories are offered a so-called „thrombosis
check” as a non-insured health benefit (in German „IGeL”– Individuelle Gesundheitsleistung).
This check tests for disorders of the blood coagulation system (e.g. Factor V deficiency,
prothrombin gene mutation, protein C deficiency, protein S deficiency, antithrombin
III deficiency).
Method: A systematic literature and guideline search focused on two questions in particular:
a) how high is the risk of a thromboembolic event for healthy patients with and without
congenital risk factors? b) Do studies exist which demonstrate that the early recognition
of a congenitally increased risk of thrombosis in an otherwise healthy person is of
any benefit?
Results: A risk of 0.7 to 1 of deep vein thrombosis in the legs or pelvis and of between 0.2
and 0.4 of lung embolies per 1 000 population/year are reported in literature. Persons
with a congenital blood coagulation disorder have a higher relative risk of thrombosis
than those with no such disorder. However, in absolute terms the risk of thrombosis
remains low. No study or guideline could be found that was able to demonstrate that
systematic screening of healthy patients for a congenitally increased risk of thrombosis
was able to reduce the incidence of thromboembolic events.
Conclusions: Performing a „thrombosis check” on healthy patients does not promise health benefits.
Examinations for congenital blood coagulation disorders should be limited to patients
with positive individual or family medical histories. This recommendation is also
consistent with the reviewed guidelines.
Schlüsselwörter
IgeL - Thromboserisiko - Thrombophilie - Screening
Key words
thrombosis - screening - risk - thrombophilia