Krankenhaushygiene up2date 2008; 3(3): 196-201
DOI: 10.1055/s-2008-1077655
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Wie sicher ist Leitungswasser zur Wundreinigung?

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Publication Date:
07 October 2008 (online)

Fernandez R, Griffiths R. Water for wound cleansing. Cochrane Database Syst Rev 2008; 1: CD003861

Die Wundreinigung wird häufig mit Leitungswasser durchgeführt, da damit effizient Spülungen durchgeführt werden können und es kostengünstig und leicht zugänglich ist. Da Leitungswasser jedoch nicht keimfrei ist, wird immer wieder darüber diskutiert, ob man nicht stattdessen abgekochtes Wasser bzw. sterile Lösungen verwenden sollte. Fernandez und Griffith untersuchten anhand der aktuellen Literatur in einem Update eines Cochrane Reviews von 2005 die Frage, welches Wasser zur Wundreinigung verwendet werden sollte. Von 29 randomisierten, kontrollierten Studien, die Wundreinigungslösungen verglichen, konnten 11 in den Review eingeschlossen werden.

Drei Studien verglichen Patienten, die postoperativ für einige Tage entweder duschen durften oder nicht. Es zeigte sich kein Unterschied hinsichtlich Infektionsraten oder der Wundheilung (letztere wurde nur in zwei Studien angegeben). In beiden Gruppen trat jeweils entweder keine oder höchstens eine Infektion oder Wundheilungsstörung auf. Die Patienten, denen das Duschen erlaubt wurde, zeigten sich aber zufriedener.

Sechs weitere Studien verglichen das Outcome bei akuten bzw. chronischen Wunden, die entweder mit Leitungswasser oder steriler Kochsalzlösung gespült wurden. In drei Studien, die den Verlauf bei akuten Wunden untersuchten, konnte bei Auswertung der gepoolten Daten eine signifikante Reduktion der Infektionsrate bei der Verwendung von Leitungswasser errechnet werden. Nur in einer dieser Studien kam es jedoch in der Gruppe mit der Kochsalzlösung zu einer signifikant höheren Infektionsrate, wahrscheinlich dadurch begründet, dass die Kochsalzlösung Zimmertemperatur hatte, während Leitungswasser mit 37 °C verwendet wurde. Zwei weitere Studien, die die Infektionsraten akuter Wunden bei Kindern untersuchten, fanden keinen Unterschied. Zum gleichen Ergebnis kam eine Studie, die chronische Wunden untersuchte.

Eine andere Untersuchung, die destilliertes Wasser mit abgekochtem Wasser und isotonischer Kochsalzlösung zur Wundreinigung verglich, fand ebenfalls keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich der Infektionsrate zwischen den Gruppen.

In der letzten eingeschlossenen Studie wurden Episiotomiewunden bei Frauen nach Entbindung entweder mit einer antiseptischen Lösung (Procain, Wasserstoffchlorid und Alkohol) oder Leitungswasser gespült. Es fand sich kein statistisch signifikanter Unterschied in der Infektionsrate, alle Wunden waren nach 14 Tagen abgeheilt.

Die Wasserqualität wurde in zwei Studien untersucht. Mit der Ausnahme von zwei Proben entsprach das Leitungswasser weitgehend den Erfordernissen. Die isolierten potenziell pathogenen Keime wurden aber später nicht in den Wundabstrichen gefunden.

Fazit: Eine Schwäche der meisten eingeschlossenen Studien ist laut den Autoren die Randomisationsmethode, die entweder nicht erklärt wurde oder anfällig für einen Selektionsbias war. Die Autoren schlussfolgern aus ihrem Review, dass nach der bisherigen Evidenz die Verwendung von Leitungswasser zur Wundreinigung unbedenklich ist. Allerdings sollte bei der Entscheidung, ob Leitungswasser verwendet wird, die Wasserqualität, die Beschaffenheit der Wunde und das Vorliegen weiterer Erkrankungen des Patienten mit einbezogen werden. Kosteneffektiv ist Leitungswasser in jedem Fall, wenn die Wundreinigung in die tägliche Körperhygiene des Patienten miteinbezogen wird. Das Ergebnis dreier Studien, die sowohl mit also auch ohne Wundreinigung den gleichen Heilungsverlauf bei postoperativen Wunden feststellen konnten, weist daraufhin, dass – zumindest bei dieser Art von Wunden – gar keine Reinigung erforderlich ist.

Dr. med. Sibylle Wenzler-Röttele, Freiburg

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