Der Klinikarzt 2008; 37(4): 173
DOI: 10.1055/s-2008-1077111
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Tuberkulose und andere granulomatöse Lungenerkrankungen

Robert Loddenkemper
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Publication Date:
08 May 2008 (online)

Zu den sogenannten granulomatösen Lungenerkrankungen zählt ein breites Spektrum infektiöser wie auch nichtinfektiöser Krankheiten. Führende infektiologische Ursachen sind die Tuberkulose und die nichttuberkulösen Mykobakteriosen, aber auch Pilzinfektionen, wie beispielsweise Histoplasmosen, Kryptokokkosen, Blastomykosen und Coccidioidesmykosen - die hierzulande jedoch eher selten sind -, Wurminfektionen (Dirofilarea immitis) und in Ausnahmefällen auch virale (z.B. Herpes- und Zytomegalieinfektionen bei immunsupprimierten Patienten) oder bakterielle Infektionen, wie Nokardiosen, Actinomykosen, Meliodosen, Brucellosen. Unter den nichtinfektiösen Formen der Erkrankung ist die Sarkoidose mit Abstand am häufigsten. Aber auch hier kommen darüber hinaus viele andere Krankheiten in Betracht, angefangen bei Berylliosen und Talkumgranulomatosen als Reaktion auf exogene Noxen über immunologische Krankheiten wie die Wegener-Granulomatose, das Churg-Strauss-Syndrom oder die bronchozentrische Granulomatose bis hin zur rheumatoiden Arthritis.

Hauptthema dieser klinikarzt-Ausgabe ist die Tuberkulose (TB), denn diese ist weltweit gesehen immer noch eine der wichtigsten Infektionskrankheiten. Glaubten sie einige Experten vor 25 Jahren bereits nahezu besiegt, so verschärft sich die globale Situation heute wieder: Zum einen treten vor allem in den südlich der Sahara gelegenen Ländern häufig Koinfektionen von Tuberkulose bei HIV-Patienten auf, zum anderen werden insbesondere in Osteuropa steigende Medikamentenresistenzraten beobachtet, die sich nur sehr schwer (MDR-TB) oder fast gar nicht mehr (XDR-TB) therapeutisch beeinflussen lassen. In Deutschland nimmt die Inzidenz der Tuberkulose zwar kontinuierlich ab, jedoch wissen wir nicht, wie sich die weltweite Entwicklung auswirken wird. Bakterien brauchen eben keinen Pass! Zudem führen die sinkenden Tuberkuloseinzidenzen in Deutschland dazu, dass immer mehr Ärzte immer weniger Erfahrungen damit haben, sich daher die Diagnosestellung häufig verzögert und auch Fehler in der Behandlung nicht selten zu beobachten sind.

Parallel zum Rückgang der Tuberkulose sind die Erkrankungen infolge einer Infektion mit Umweltmykobakterien (nichttuberkulösen Mykobakterien) häufiger geworden. Nicht nur bei HIV-Erkrankten, sondern auch bei pulmonal lokalisierten oder bei systemischen Störungen der Immunabwehr sind diese Erkrankungen differenzialdiagnostisch zu beachten. Abgerundet haben wir das aktuelle Schwerpunktthema mit einem Artikel zu den anderen nichtinfektiösen granulomatösen Lungenerkrankungen, wobei im Mittelpunkt die Sarkoidose steht. Da von ihr außer dem Hauptmanifestationsort in der Lunge und den intrathorakalen Lymphknoten fast alle Organe betroffen sein können, muss auch sie differenzialdiagnostisch bei vielen Krankheitsbildern berücksichtigt werden.

Dementsprechend erfordert das differenzialdiagnostische Vorgehen bei granulomatösen Lungenerkrankungen das gesamte Know-how des Pneumologen - von der richtigen Einordnung der klinischen, röntgenologischen und mikrobiologischen Ergebnisse bis zu den wenigen, gelegentlich typischen Laborbefunden. Oft bringt erst die pathologische Untersuchung von Materialien aus einer bronchoalveolären Lavage, einer transbronchialen Lungenbiopsie oder einer Lungenpunktion den entscheidenden diagnostischen Hinweis. Wichtig für die Diagnose ist häufig das „Daran denken”. Dieses klinikarzt-Schwerpunktheft soll dazu beitragen, die heutigen Kenntnisse bei den granulomatösen Lungenkrankheiten aufzufrischen und zu vertiefen.

Prof. Dr. Robert Loddenkemper

Berlin

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