Zentralbl Chir 2008; 133(4): 327
DOI: 10.1055/s-2008-1076868
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Gefäßchirurgisches Schwerpunktheft 2008

Vascular Surgery 2008W. Hepp
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Publication Date:
13 August 2008 (online)

Das diesjährige gefäßchirurgische Schwerpunktheft umfasst Beiträge vom 21. Berliner Gefäßchirurgischen Symposium. Sie betreffen diverse, teilweise am Rand der Gefäßchirurgie gelegene Themen, die aber nicht minder wichtig sind. 

I. Hinterseher u. a. untersuchten an einer kleinen Patientenzahl mit Bauchaortenaneurysma und einer Kontrollgruppe die Bedeutung von Genvarianten des TIMP-2 Gens bezüglich der Ätiologie der Aortenaneurysmen. Neben fünf bereits bekannten Polymorphismen wurde eine weitere Sequenzvariante gefunden. Dies muss aber an einer größeren Stichprobe bestätigt werden. T. Überrück u. a. berichten über zwei Patienten mit endovaskulärer Aneurysmaausschaltung nach aortofemoraler Homograft-Implantation. Die Indikation wurde nach Entfernung einer infizierten Y-Kunststoffprothese gestellt. Bei einem Patienten trat eine Infektion der Endoprothese auf, die Prothese musste ebenfalls entfernt werden, der Ersatz durch eine antibakteriell beschichtete Kunststoffprothese war dann unauffällig. Bei Homografts treten aneurysmatische Erweiterungen häufiger auf als nach anderen Rekonstruktionen. Sie gehören zwar zum Repertoire bei Protheseninfekt, sollten aber wegen ihrer höheren Komplikationsrate als letzte Option eingesetzt werden. Z. Halloul u. a. berichten über drei Patienten mit viszeraler Ischämie, bei denen von suprazöliakal her eine antegrade aorto-mesenteriale Rekonstruktion durchgeführt wurde. Bei dieser kleinen Zahl war bei allen drei Patienten ein klinischer Erfolg zu verzeichnen. G. Löhr u. R. Huber untersuchten die bei kolorektalen Operationen bereits seit Jahren durchgeführte Fast-track-Rehabilitation bei einem gefäßchirurgischen Krankengut (35 konventionelle aorto-iliakale Operationen). Die Methode zeigte hinsichtlich Morbidität und Mobilisation der Patienten gegenüber den bisherigen Verfahrensweisen Vorteile. J. Nickel u. a. berichten über eine bei 136 Patienten mit austherapierter pAVK ambulant durchgeführte, CT-gestützte, lumbale Sympathikus-Ausschaltung. Bleibende Komplikationen traten nicht auf. Eine Verbesserung der Durchblutung war klinisch sofort in 96 % und nach 6 Monaten noch in 88 % vorhanden. Dies wurde auch durch FKDS bestätigt. Kritisch zu bemerken ist, dass 35 % der Patienten Diabetiker waren. Bei diesen ist in einem hohen Prozentsatz im Rahmen der Polyneuropathie bereits eine Sympathikusausschaltung vorhanden, wobei bei dieser Situation keine Indikation zur Sympathikolyse besteht. Auch waren Patienten im Stadium II b vertreten, bei denen ebenfalls keine Indikation gegeben ist. M. Weinreich u. a. führten in einem 4-Jahres-Zeitraum bei 112 Patienten mit akuter bzw. subakuter Ischämie der unteren Extremitäten als primäre Therapie 132 lokale Lysen durch. Diese war in 75,8 % allein oder mit ergänzender interventioneller Therapie erfolgreich, in 24,2 % wurde eine Operation notwendig, darunter bei 10 Patienten (7,6 %) eine Majoramputation. Zwar gelang die lokale Lyse in einem hohen Anteil, es erhebt sich aber die Frage, ob bei frühzeitigerer gefäßchirurgischer Rekonstruktion die Amputationszahl zumindest hätte reduziert werden können. Der Einsatz der lokalen Lyse als primäre Therapie bleibt weiterhin heiß diskutiert. G. Löhr u. R. Huber stellen das Karlsbader Modell eines Gefäßzentrums mit positiven Ergebnissen der ersten zwei Jahre vor. Dort verfügt die Gefäßchirurgie über keine eigenen Betten. Das wird allerdings andernorts in sog. interdisziplinären Stationen ebenfalls mit gutem Erfolg schon seit längerem gehandhabt. In zwei Beiträgen aus dem Gebiet der Varizenchirurgie berichtet H. J. Hermanns über Frühergebnisse (bis 10. postoperativen Tag) nach 1708 Varizenoperationen aus 18 Zentren der Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Gefäßchirurgen, die durch eine multizentrische Patientenbefragung gewonnen wurden. Die Rücklaufquote der Fragebögen betrug 84 %, die Ergebnisse wurden insgesamt als sehr gut bis gut bezeichnet. Im weiteren Beitrag berichtet Hermanns über eine neue Boazul-Manschette, die bei einem Umfang bis 90 cm für adipöse Patienten geeignet ist. Da Manschetten dieses Umfangs bisher nicht zur Verfügung standen, ist diese Manschette als Gewinn für eine blutsparende Varizenchirurgie auch beim adipösen Patienten zu bezeichnen. 

Die Beiträge stellen überwiegend wieder Innovationen dar und sind insgesamt als sehr interessant, aber teilweise auch diskussionswürdig, anzusehen. 

Prof. Dr. med. W. Hepp

Haaner-Straße 114

42719 Solingen

Email: profhepp@aol.com

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