Der Klinikarzt 2008; 37(3): 114
DOI: 10.1055/s-2008-1074799
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Ein neuer Erklärungsversuch - Verursachen Bakterien Morbus Crohn?

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Publication Date:
15 April 2008 (online)

 
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Die Ursachen der entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn sind bis heute nicht ausreichend aufgeklärt. Vermutet werden eine genetische Veranlagung und Umweltfaktoren, aber auch Störungen des Immunsystems oder eine bakterielle Infektion könnten die Erkrankung auslösen. Ein potenzieller Trigger könnte beispielsweise das Mycobacterium avium Subspecies paratuberculosis (MAP) sein, vermuten einige Forscher.

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Mycobacterium avium als Auslöser?

Bereits vor einigen Jahren konnten Dr. Saleh A. Naser und sein Team bei 50% der Patienten mit Morbus Crohn aus ihrer Studie diese Subspezies des Mycobacterium avium nachweisen [2]. Bekannt ist das Bakterium schon seit Langem aus der Tiermedizin: Bei Schafen. Rindern oder Ziegen kann es Durchfall und Gewichtsverlust auslösen. Diese so genannte Paratuberkulose oder Johne's Erkrankung weist nicht nur ähnliche Symptome wie Morbus Crohn auf, auch andere Gemeinsamkeiten deuten darauf hin, dass beide Erkrankungen dieselbe Ursache haben könnten.

Vor Kurzem hat eine andere Forschungsgruppe entdeckt, wie sich das Mycobacterium gegen die Zerstörung durch die körpereigenen Abwehrzellen schützt [1]. Offenbar setzen die Keime ein spezielles Zuckermolekül aus Mannose frei, das die Makrophagen daran hindert, in den Körper eingedrungene Bakterien zu vernichten. Die Fresszellen können diese zwar aufnehmen, aber nicht mehr verdauen. Dies könnte erklären, warum das Darmbakterium Escherichia coli im Darmgewebe von Morbus-Crohn-Patienten in großen Mengen vorkommt.

Außerdem fanden die Forscher heraus, dass Mycobacterium paratuberculosis die Bildung eines Antikörpers auslöst. Diesen sogenannten ASCA-Antikörper - ein Antikörper gegen Saccharomyces cervisiae und ein Marker für Morbus Crohn - haben zwei Drittel aller Crohnpatienten im Blut.

Den Wissenschaftlern zufolge stützen diese Ergebnisse die Vermutung, Mycobacteruim paratuberculosis könne an der Entstehung von Morbus Crohn beteiligt sein. Durch die Schwächung des Immunsystems begünstigen die Mykobakterien ihrer Meinung nach eine übermäßige Vermehrung anderer Erreger im Darmgewebe und könnten so möglicherweise auch einen Morbus Crohn verursachen.

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Genmutationen als wahrscheinlichere Ursache?

Ob eine Infektion mit den Erregern tatsächlich der Grund für die Erkrankung ist, bleibt nach Meinung von Dr. Martin Strauch vom Berufsverband Deutscher Internisten jedoch auch nach diesen Ergebnissen offen. Darmzellen von Morbus-Crohn-Patienten seien zwar oft von Mycobakterium paratuberculosis befallen, dies könnte aber auch lediglich die Folge anderer auslösender Faktoren sein, wie zum Beispiel einer Veränderung des Erbgutes. So wurden in den letzten Monaten immer mehr Genveränderungen entdeckt, die eine Entstehung von Morbus Crohn begünstigen.

Quelle: Pressemeldung "Verursachen Bakterien Morbus Crohn", herausgegeben vom Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) e.V.

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Literatur

  • 01 Mpofu CM . et al . Microbial mannan inhibits bacterial killing by macrophages: a possible pathogenic mechanism for Crohn's disease.  Gastroenterology. 2007;  133 (5) 1487-1498
  • 02 Naser SA . et al . Culture of Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis from the blood of patients with Crohn's disease.  Lancet. 2004;  364 (9489) 1039-1044
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Literatur

  • 01 Mpofu CM . et al . Microbial mannan inhibits bacterial killing by macrophages: a possible pathogenic mechanism for Crohn's disease.  Gastroenterology. 2007;  133 (5) 1487-1498
  • 02 Naser SA . et al . Culture of Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis from the blood of patients with Crohn's disease.  Lancet. 2004;  364 (9489) 1039-1044