Der Klinikarzt 2008; 37(1): 7
DOI: 10.1055/s-2008-1044409
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Fehlermeldesysteme und klinische Studien - Deutsche Gesellschaft für Chirurgie setzt auf Qualitätssteigerung

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Publikationsdatum:
18. Februar 2008 (online)

 
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Auf den ersten Blick erscheinen die Zahlen harmlos, eigentlich positiv. Nur 3% aller Klinikpatienten erleiden therapiebedingte Gesundheitsschäden, nur jeder Vierte davon - also nur 0,75% - durch Fehler bei der Behandlung. Absolut gesehen heißt das aber: 130000 Patienten werden durch Therapiefehler erst richtig krank, knapp die Hälfte davon in der Chirurgie. Ein Fehlermeldesystem, der Luftfahrt abgeschaut, soll Besserung schaffen.

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Aus Fehlern lernen

Dass die Chirurgie bei den Fehlermeldungen so einen prominenten Platz einnimmt, liegt auch daran, dass "sich Tat, Tatzeit, Tatort und Täter in unserem Fach am besten nachvollziehen lassen", sagte Prof. Hartwig Bauer, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH). Das soll nicht als Entschuldigung dienen, sondern als Ansporn, die bestehenden Verhältnisse zu verbessern.

Ein Instrument dazu ist CIRS, das "Critical Incident Reporting System". Hier können Fehler und vor allem auch Beinahefehler berichtet werden. Dabei geht es nicht nur um die Operation selbst, sondern um das gesamte perioperative Management eines Patienten. CIRS ist auf der Homepage der DGCH zu finden (www.dgch.de/cirs), allgemein zugänglich ist eine Beschreibung des Systems, Mitglieder der Gesellschaft können sich darüber hinaus direkt anmelden. Viele Kliniken haben ebenfalls bereits ein solches Fehlermeldesystem etabliert.

Wichtig ist sicherzustellen, dass dem Meldenden keine Nachteile entstehen, wenn er Fehler oder Beinahefehler an CIRS berichtet, betonte Bauer bei einer Pressekonferenz der DGCH. In letzter Zeit sind rund 20000 Berichte an das zentrale CIRS eingegangen - ein Zeichen, dass die Chirurgen das System zunehmend besser akzeptieren.

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Evidenzbasierte Forschung auch für chirurgische Methoden

Um die Qualität der Chirurgie weiter voranzutreiben, leistet sich die DGCH als einzige große Fachgesellschaft zudem ein eigenes Studienzentrum. Die Studienzentrale der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (SDGC) soll Wirksamkeit und Nutzen operativer Eingriffe überprüfen. Neben einer stärkeren Gewichtung der patientenorientierten Forschung steht damit vor allem die Verbesserung der chirurgischen Versorgung in Deutschland im Fokus des Studienzentrums mit Sitz in Heidelberg.

Derzeit sind nur etwa ein Viertel der chirurgischen Maßnahmen durch Studien gesichert, berichtete PD Christoph M. Seiler, Heidelberg, wobei es zweifellos schwieriger sei, Operationsmethoden in randomisierten kontrollierten Studien zu untersuchen als Medikamente. In Zeiten der evidenzbasierten Medizin brauche aber auch die Chirurgie klare Ergebnisse aus der klinischen Forschung, um sich weiterzuentwickeln.

Beim SDGC laufen derzeit vier derartige Studien. Ein Beispiel ist der Bauchdeckenverschluss nach einer Tumoroperation (INSECT[1]). Einer Umfrage zufolge bevorzugen 70% der Operateure die fortlaufende Naht, 30% die Einzelknopfnaht. Welche der beiden Techniken besser geeignet ist, Narbenbrüchen vorzubeugen, wurde nie überprüft. Immerhin folgt jedem zehnten Eingriff eine solche Komplikation - Kostenpunkt: insgesamt 128 Millionen Euro pro Jahr. An der bundesweiten Studie nehmen über 600 Patienten aus 25 Kliniken aller Versorgungsstufen teil, die Ergebnisse sollen nächstes Jahr beim Chirurgenkongress vorgelegt werden.

Manuela Arand, Berlin

Quelle: Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie "Ärztliche Erfahrung oder wissenschaftlicher Beweis: Wie sichern wir gute Chirurgie?"

1 INterrupted or continuous slowly absorbable Sutures - Evaluation of abdominal Closure Techniques

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