Klin Monbl Augenheilkd 1998; 213(10): 220-229
DOI: 10.1055/s-2008-1034977
© 1998 F. Enke Verlag Stuttgart

Computergestützte, untersucherunabhängige Früherkennung des unauffälligen Schielens bei 590 Klein-und Vorschulkindern - eine orthoptisch kontrollierte Pilotstudie

Computer aided, examiner independent screening for inapparent eye misalignment among 590 infants and preschoolers - a pilot study with an orthoptic gold standardJean-Cyriaque Barry1 , Jens Uwe Piesold2 , Uwe Martin Pongs3
  • 1Universitäts-Augenklinik Abt. II, Sektion für Motilitätsstörungen Tübingen (Dir.: Prof. Dr. V. Herzau)
  • 2Med. Einrichtungen der RWTH Aachen
  • 3Eye Research Institute Maastricht, Akademisch Ziekenhuis Maastricht (Dir.: Prof. Dr. F. Hendrikse)
Further Information

Publication History

Manuskript erstmalig eingereicht am 10.01.1998

in der vorliegenden Form angenommen am 07.07.1998

Publication Date:
25 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Ziel der Studie war die Untersuchung des computergestützten Purkinje-I-und-IV-Reflexmusterver-fahrens zur Früherkennung unauffälliger Augenfehlsteilungen im Vergleich mit einer orthoptischen Untersuchung.

Material und Methoden 590 Kinder ohne auffälliges Schielen im Alter bis 72 Monate wurden aus dem Patientengut der Abt. für Orthoptik und von extern rekrutiert. Die Untersuchung bestand aus dem computergestützten Siebtest; dabei wurde eine Serie von Videobildern mit Purkinjereflexen aufgenommen, die untersucherunabhängig ausgewertet wurden und in eine Empfehlung mündeten, ob eine augenärztliche Nachuntersuchung durchzuführen sei. Als Gold-Standard diente eine zeitgleich durchgeführte orthoptische Untersuchung. Die Daten wurden nach Altersklassen aufgespalten und ausgewertet. Dabei wurden auch die orthoptischen Untersuchungsergebnisse auf ihre Eindeutigkeit und Reproduzierbarkeit untersucht.

Ergebnisse Die computergestützte Untersuchung erreichte mit 0,82 die höchste Sensitivität in der Altersgruppe bis 2,5 Jahre, bei einer Spezifität von 0,90. Extrapoliert auf eine Prävalenz von 0,01 betrug der positive Vorhersage wert 0,08 und der negative Vorhersagewert 0,998. Der Anteil unsicherer orthoptischer Befunde in der Altersgruppe bis 2,5 Jahre betrug 22,4%, gegen 6,1% in der computergestützten Untersuchung. Unter den mehrmals untersuchten Fällen befanden sich einzelne, die anfangs orthoptisch als „schielend” eingestuft wurden, später jedoch als „unauffällig”, und umgekehrt.

Schlußfolgerungen Der untersucherunabhängige Siebtest erlaubt eine kostengünstige Früherkennung des unauffälligen Schielens, vor allem in der Altersgruppe bis 2,5 Jahre, die besonders schwierig zu untersuchen ist. Würde eine orthoptische Untersuchung als Früherkennungsuntersuchung durchgeführt, muß man dagegen mit einem höheren Anteil falsch positiver Fälle rechnen, so dass vermehrt kostenträchtige augenärztliche Untersuchungen zur Abklärung erforderlich werden. Zukünftige Untersuchungen sollten die Ersetzbarkeit der einmaligen orthoptischen Untersuchung als Gold-Standard in dieser Altersgruppe überprüfen.

Summary

Background The purpose of the study was to investigate the computer aided screening method using Purkinje image I and IV reflection patterns for the detection of inapparent eye misalignment and to compare this to an orthoptic examination.

Materials and Methods 590 subjects up to 72 months of age with inapparent eye misalignment were recruited from the orthoptic outpatient department and externally. The computer aided screening consisted of taking a series of still video pictures with Purkinje reflection patterns. These were evaluated in an examiner independent way to reach a recommendation whether the child needed an ophthalmological referral or not. As gold standard, an orthoptic examination was performed. For analysis, the data were split by age groups. The orthoptic results were tested for certainty and repeatability.

Results The computer aided examination had the highest sensitivity of 0.82 in the age group up to 2.5 years of age, and a specificity of 0.90. With an estimated prevalence for microtropia of 0.01, the extrapolated positive predictive value was 0.08, and the negative predictive value was 0.998. In the age group up to 2.5 years of age, the percentage of orthoptic examinations without clear result (neither non-referral, nor strabismic) was 22.4%, and 6.1% in the screening examination. Among the cases which were examined repeatedly, some were classified as „strabismic” in the beginning, and as „non-referral” in the end in the orthoptic examinations.

Conclusions The examiner independent, computer aided screening method is a cost effective option for the screening for inapparent eye misalignment, especially in the age group up to 2.5 years of age. If an orthoptic examination was carried out for screening, one should expect a higher rate of false positives, which entails more costly ophthalmological checks. Future studies should assess the validity of the single ortoptic examination as the gold standard in this age group.

    >