In einem Markt von etwa 1 000 vorhandenen und teilweise seit Jahrzehnten bewährten
Legierungen scheint es schwer, noch wirklich Innovatives zu entwickeln. Eine interessante
Nische stellen die Biolegierungen dar. Der Innovationssprung in den letzten zweieinhalb
Jahren gibt dem Zahnarzt die Möglichkeit, Patienten, die auf Körperverträglichkeit
von Dentalwerkstoffen Wert legen, etwas Besonderes anzubieten.
Als ausgezeichnet bioverträglich gelten palladium- und kupferfreie Legierungen, doch
eigneten sich die verfügbaren Produkte bis vor kurzem nur für Kronen und allenfalls
kleine Brücken. Nun jedoch stehen einige Alternativen zur Verfügung, die auch große
Spannweiten schaffen - wohlausbalancierte Kompositionen von nur 6 Elementen. Die Kunst
liegt in der Kontrolle der Mikrostruktur der Legierung. Denn diese ist nicht völlig
homogen, sondern es existieren einzelne Körner und Korngrenzen, an denen sich sogenannte
Ausscheidungen erkennen lassen; typischerweise sternchenförmig, dendritisch oder von
undefinierter Geometrie. Dies gilt es so zu steuern, dass eine besonders hohe Festigkeit
erreicht wird.
Genau dies ist in den vergangenen zweieinhalb Jahren gelungen. Heute können Zahnarzt
und Zahntechniker sogar zwischen 2 unterschiedlichen Legierungsvarianten wählen. Bei
der einen steht die universelle Einsetzbarkeit bis hin zum 14er im Vordergrund (BiOcclus
Kiss); die andere (BiOcclus Gold, DeguDent, Hanau) weist einen satteren Goldton sowie
eine noch bessere Finierbarkeit auf.
Biolegierungen im Einsatz
Ein Fallbeispiel
In der Klinik am Wasserturm von Visit. Prof. Dr. Dr. Andreas Valentin, Mannheim, stellte
sich eine gut 40-jährige Patientin mit einer insuffizienten OK-Frontzahnversorgung
vor (Abb. [1]). Am auffälligsten war die weit reichende Gingiva-Retraktion, sodass die Zahnhälse
frei lagen. Diese waren dunkel verfärbt.
Abb. 1 Die insuffiziente Versorgung (Bildnachweis: Visit. Prof. Dr. Dr. Andreas Valentin,
Mannheim)
Unter der alten Verblendung wurde der Metallrand sichtbar, das Gerüst wies keine enge
Passung mehr zu den Stümpfen auf. Es wurde eine fortgeschrittene Parodontitis mit
Zahnlockerung und -wanderung diagnostiziert. Der unregelmäßige Zahnbogen der alten
Versorgung mit dem zu langen 12er und 22er deutete auf Fehlbelastungen hin, die die
Parodontitis womöglich noch verstärkt hatten. An der heftigen Gingivareaktion war
vermutlich auch die verwendete Legierung beteiligt.
Eine Neuversorgung "wie die alte" lehnte die Patientin ab. Im Beratungsgespräch schlugen
wir daher eine höherwertige Lösung in Form einer Biolegierung (BiOcclus Kiss, DeguDent,
Hanau) vor, mit der auch die Reizfreiheit bzw. eine Neubildung der Gingiva sowie die
Stabilisierung der Zähne sicher gestellt werden sollte.
Mit der eingesetzten Legierung lassen sich die Heilungsaussichten für die Gingiva
fördern. Denn dieser Werkstoff verzichtet konsequent auf potenzielle Auslöser von
Unverträglichkeitsreaktionen (Palladium und Kupfer). Die Legierung eignet sich selbst
für weitspannige Versorgungen, sodass sie womöglich auch für später erforderliche
Behandlungen zur Verfügung steht. Auch der Patientenwunsch nach einem optimalen ästhetischen
Erscheinungsbild sollte mit einer kompletten Abdeckung des nachgedunkelten Stumpfes
durch eine hochgoldhaltige Legierung plus ästhetische Verblendung (Duceram Kiss) optimal
zu erzielen sein. Bei der Zahnfarbe orientierten wir uns am Unterkiefer (Abb. [2]). Wir individualisierten die Labialflächen im Labor sehr vorsichtig, auch hier in
Anlehnung an die Unterkieferzähne. Opalisierende Transpa-Massen, ein harmonischer
Zahnbogen und transparente Schneidekanten sorgten für eine natürliche Ästhetik (Abb.
[3]).
Abb. 2 Nach einem Jahr in situ: Das Zahnfleisch hat sich regeneriert, die Zahnwanderung
wurde gestoppt. Der Rückgriff auf erprobte körperfreundliche Materialien hat sich
bewährt. (Bildnachweis: ZTM Christian Lucka, Speyer)
Abb. 3 Der Zahnbogen ist harmonisch, das Erscheinungsbild insgesamt ästhetisch. (Bildnachweis:
ZTM Christian Lucka, Speyer)
Die neue Versorgung befindet sich nun seit 2 Jahren in situ. Das Zahnfleisch hat sich
regeneriert (Abb. [2]), die Zähne konnten dauerhaft stabilisiert werden. Ein Fall wie dieser beweist,
dass die Metallkeramik 50 Jahre nach ihrer "Geburtsstunde" [1] nach wie vor up to date ist. Dabei stellen die modernen Biolegierungen eine attraktive
Option dar, die sich dem Patienten als hochwertige Art der Restauration ohne weiteres
vermitteln lässt.
Danksagung
Ich bedanke mich bei Visit. Prof. Dr. Dr. Andreas Valentin, Klinik am Wasserturm,
Mannheim, sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Dental-Labor Lucka.