Die Therapie der ankylosierenden Spondylitis (Morbus Bechterew) zielt darauf ab, Schmerzen
zu beseitigen, die Gelenkfunktion zu verbessern oder wiederherzustellen, das Fortschreiten
der Krankheit aufzuhalten und die Mobilität des Patienten zu erhalten. Im Hinblick
auf das Erreichen aller dieser Therapieziele gelten nichtsteroidale Antirheumatika
(NSAR) beziehungsweise Coxibe als Basistherapie der ersten Wahl.
Die amerikanischen und europäischen Leitlinien (ASAS, EULAR) haben den NSAR einen
Platz als Medikamente der ersten Wahl zugewiesen. Dies beruht nicht nur auf der überzeugenden
klinischen Wirksamkeit gegen Schmerz und Entzündung, sondern auch darauf, dass eine
kontinuierliche Therapie mit NSAR die röntgenologische Progression der Krankheit signifikant
bremsen kann. Dies hat eine Studie gezeigt, in der 214 Patienten NSAR entweder kontinuierlich
oder bei Bedarf bekamen [1]. Etwa 70% der Patienten erhielten Celecoxib (Celebrex®). In der kontinuierlich behandelten
Gruppe ergab sich eine mittlere Veränderung des modifizierten SASSS um 0,4 Punkte,
in der Gruppe mit Bedarfsbehandlung um 1,5 Punkte (p < 0,02) [1]. Dies wurde für TNF-alpha-Blocker nicht so eindeutig bestätigt. "Der Morbus Bechterew
ist die einzige entzündlich-rheumatische Erkrankung, bei der häufig und kontinuierlich
NSAR eingesetzt werden müssen", sagte Prof. Joachim Sieper, Berlin. Das große antientzündliche
und analgetische Potenzial dieser Substanzen muss unbedingt ausgeschöpft werden, bevor
man zu Biologika greift.
80% Response auf NSAR
80% Response auf NSAR
Der hohe Stellenwert der NSAR in der Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS)
spiegelt sich auch darin wieder, dass eine gute Response auf NSAR geradezu als diagnostischer
Marker für diese Krankheit gilt, so Prof. Rainer Wigand, Frankfurt. Knapp 80% der
Patienten sprechen gut bis sehr gut an. "Es gibt keine andere Krankheit, wo eine Langzeittherapie
mit NSAR so gut wirksam ist", bekräftigte Wigand. Konventionelle Basistherapeutika
hingegen sind in der Therapie der axialen AS nicht und bei peripherer Beteiligung
nur wenig effektiv.
Dass NSAR und Coxibe in verschiedenen Analysen eine sehr gute Kosteneffektivität gezeigt
haben, bestätigte Prof. Dr. med. Jürgen Braun aus Herne. TNF-alpha-Blocker sind zwar
teuer, aber bei richtiger Selektion der Patienten ebenfalls kosteneffektiv. "Aber
einen Patienten, der noch nicht kontinuierlich mit NSAR behandelt worden ist, auf
TNF-alpha-Blocker zu setzen, ist gesundheitsökonomischer Irrsinn", meinte Wigand.
Als problematisch bei TNF-alpha-Blockern sieht er eine erhöhte Infektionsrate sowie
das Absetzen der Therapie: "Bei laufender Therapie merkt man nicht, wann die Aktivität
der Krankheit nachlässt", so Wigand.
Coxibe, ein Zugewinn an Sicherheit
Coxibe, ein Zugewinn an Sicherheit
Standard-NSAR und Coxibe haben sich bei Morbus Bechterew als gleichermaßen wirksam
erwiesen, wobei nur Celecoxib für diese Erkrankung zugelassen ist. "Aber wir werden
durch den analgetischen Effekt für die größte Komplikation traditioneller NSAR geblindet",
sagte Wigand. Denn gastrointestinale Komplikationen wie Blutungen und Perforationen
machen sich in mehr als 80% der Fälle nicht durch Symptome bemerkbar. Eine Kombination
mit Protonenpumpenhemmern schützt zwar den oberen, aber nicht den ebenso gefährdeten
unteren Gastrointestinaltrakt. COX-2-selektive Substanzen wie Celecoxib halbieren
das Risiko für gastrointestinale Komplikationen im Vergleich zu Standard-NSAR. "Sie
bringen damit einen hohen Zugewinn an Sicherheit", sagte Wigand.
Deutsche Multicenter-Studie
Deutsche Multicenter-Studie
In einer deutschen multizentrischen Studie [2] wurden 458 Patienten mit Morbus Bechterew für eine Therapie mit einmal oder zweimal
täglich 200 mg Celecoxib beziehungsweise zweimal täglich 75 mg Diclofenac randomisiert.
Ziel der Studie war es, zu klären, ob Celecoxib hinsichtlich der Schmerzreduktion
Diclofenac unterlegen ist, erklärte Sieper.
Mehr als 80% der Patienten beendeten die Studie mit einer Dauer von zwölf Wochen.
Die Patienten der drei Gruppen waren in den Basis-Parametern Schmerzscore (VAS), Krankheitsaktivität
(BASDAI) und Entzündungsstatus (CRP) gut vergleichbar. Die Schmerzintensität als primäres
Zielkriterium sowie sekundäre Variablen der Krankheitsaktivität und Funktion besserten
sich in allen Gruppen vergleichbar. Sieper hob besonders hervor, dass es zu einer
signifikanten Abnahme des CRP-Werts kam. Das weise darauf hin, dass Celecoxib nicht
nur ein Schmerzmittel ist, sondern die Entzündung hochpotent hemmt. Die gastrointestinale
Verträglichkeit war in beiden Celecoxib-Gruppen besser als in der Diclofenac-Gruppe.
In einer offenen randomisierten Follow-up-Studie wurde dann das Augenmerk auf die
Krankheitsprogression gerichtet. Die Patienten erhielten zu Beginn zweimal 100 mg
Celecoxib pro Tag; im Verlauf konnte auf zweimal 200 mg gesteigert oder auf ein anderes
NSAR gewechselt werden. Eine Gruppe bekam eine kontinuierliche Medikation, die andere
nur eine Bedarfstherapie. Am Ende erhielten fast zwei Drittel der Patienten noch Celecoxib.
Diese Studie wird offen fortgeführt, um den langfristigen Effekt von Celecoxib auf
die Röntgenprogression zu prüfen.
Physiotherapie nicht vergessen!
Physiotherapie nicht vergessen!
Neben der entzündungshemmenden und analgetischen Medikation darf die Rolle der Physiotherapie
nicht unterschätzt werden, betonte Wigand. Sie diene der Mobilisation der Facett-
und der Rippen-Wirbelgelenke sowie der Vorbeugung von Kontraktur an Nachbargelenken,
insbesondere an Schulter- und Hüftgelenk. Wichtig sind die Dehnung der ventralen Rumpfmuskulatur,
das Training der Kopfbeweglichkeit und das Einüben von Entlastungsstellungen zur Schmerzprophylaxe.
Dr. med. Angelika Bischoff, Planegg
Quelle: Symposium "Morbus Bechterew", im Rahmen des 35. Kongresses der Deutschen Gesellschaft
für Rheumatologie (DGRh), September 2007 in Hamburg. Veranstalter: Pfizer Pharma Gmbh,
Karlsruhe.