Zeitschrift für Phytotherapie 2007; 28(5): 235-237
DOI: 10.1055/s-2007-992170
ZPT | Praxis
Behandlungsprobleme
© Sonntag Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Schlaf- und psychische Störungen im Kindesalter

Karin Kraft
Further Information

Publication History

Publication Date:
18 June 2008 (online)

Klinische Vorbemerkungen

Bei Kindern sind psychische Störungen wie Schlafstörungen, psychosomatische Störungen, Angstzustände und insbesondere Depressionen häufiger, als allgemein angenommen wird. Organische Erkrankungen einschließlich der des Gehirns müssen bei der Stellung einer psychischen Diagnose ausgeschlossen werden. Akute Schlafstörungen sind zumeist durch psychosozialen Stress oder durch Krankheiten mit störenden Symptomen verursacht, wie z.B. Schmerzen bei Mittelohrentzündung, Juckreiz bei Neurodermitis oder krampfartige Bauchschmerzen bei Neigung zu Blähungen. Bei chronischen Schlafstörungen sollte man an Depressionen, Medikamentennebenwirkungen und an Erkrankungen mit gestörtem Schlaf-Wach-Rhythmus (Angstträume etc.) denken. Bei nicht organischen Schlafstörungen sind zu unterscheiden:

Einschlafstörungen (Einschlafzeiten > 30 Min.) Durchschlafstörungen (mehr als 3 × pro Woche < 6 Stunden) Aufwachstörungen mit Sonambulismus.

Im Kindesalter sind die Einschlafstörungen am häufigsten.

Bei zumeist im Schulalter beginnenden, immer wiederkehrenden, wechselnden und vielgestaltigen körperlichen Beschwerden, bei denen keine körperliche Störung nachzuweisen ist, sollte man an psychosomatische Erkrankungen denken. Sie kommen häufiger bei Mädchen vor und haben eine konstitutionelle Basis, werden aber oft durch psychosozialen Stress ausgelöst bzw. verstärkt. Hier werden häufig Beruhigungsmittel verordnet, auch psychotherapeutische Interventionen sind indiziert.

Beim Angstsyndrom unterscheidet man zwischen Panikstörungen und Phobien. Die Angst ist bei Panikstörungen durch eine übertriebene Intensität, eine Einschränkung der üblichen Aktivität oder durch ungewöhnliche oder unrealistische Inhalte gekennzeichnet. Bei der Phobie besteht eine Angst vor Objekten, hier ist eine Phytotherapie allenfalls adjuvant indiziert.

Depressionen werden bei Kindern und Jugendlichen zunehmend häufiger diagnostiziert. 50% aller Antidepressiva-Verordnungen für Menschen bis 19 Jahre werden für junge Frauen zwischen 15 und 19 Jahren ausgestellt. Zwar ist bei Depressionen die kognitive Verhaltenstherapie gerade bei Kindern und Jugendlichen nach gegenwärtiger Meinung am besten geeignet, jedoch existieren viel zu wenige Therapieplätze, d.h. es gibt sehr lange Wartelisten. In aktuellen Publikationen und von den Zulassungsbehörden wird zudem die Wirksamkeit von chemisch definierten Antidepressiva angezweifelt, sodass die Therapie der Depression nicht unproblematisch ist.

Melissenblätter helfen Kindern mit nervös bedingten Einschlafstörungen

Stellenwert der Phytotherapie

Bei Kindern sollte man möglichst auf die nebenwirkungsträchtigen chemisch definierten Psychopharmaka verzichten, die ohnehin am besten nur vom Kinderpsychiater verordnet werden sollten. Neben der (wenn möglich) spezifischen Therapie der Grunderkrankung und anderen Maßnahmen wie Schlafhygiene, autogenem Training, Sport, Abklärung der psychosozialen Belastungen und einer adäquaten Psychotherapie kann die Phytotherapie unterstützend bei Einschlafstörungen, leichten Panikstörungen, psychovegetativen Beschwerden und Depressionen eingesetzt werden. Hingegen existieren z.B. für das Hyperaktivitätssyndrom keine phytotherapeutischen Optionen.

Baldrianwurzel ist häufiger Bestandteil von Kombinationspräparaten, sie kann aber auch allein als Teedroge oder in der Balneotherapie eingesetzt werden

Literatur

  • 1 Kooperation Phytopharmaka (Hrsg.) .Kinderdosierungen von Phytopharmaka. 3. Aufl. Bonn; Kooperation Phytopharmaka 2002

Prof. Dr. med. Karin Kraft

Lehrstuhl für Naturheilkunde der Universität Rostock

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin

Ernst-Heydemann-Str. 6

18057 Rostock

Email: karin.kraft@med.uni-rostock.de

    >